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20.07.2016 | (rsn) - Du merkst, dass Ruhetag bei der Tour de France ist, wenn du zurück im Hotel, nach 100 Km im Auto denkst - „Das war ja easy heute.“
Wenn man so will, stehe ich somit eigentlich den Jungs auf den Rädern da in nichts nach. Die fahren sonst auch viel mehr und drehen am Ruhetag nur eine kleine Runde, um die Beine locker zu machen….ulkig, wie sich manchmal Parallelen auftun, oder?
Mein persönlicher „Ruhetag“ begann heute leider schon um 7:50 Uhr, denn da hieß es „Abfahrt“ nach Bern. Der Grund für diese durchaus verfrühte Bettflucht war allerdings nicht, den Motor geschmeidig zu halten, sondern lag viel mehr darin, dem KFZ etwas Kosmetik aus tschechischer Hand anzubieten.
Long story short: in Andorra habe ich meinen heiß geliebten Streitwagen nur ein einziges Mal ganz kurz jemandem anderen aus dem Team zur Verfügung gestellt (allein dieses Gefühl, wenn du den Schlüssel weggibst, ist wirklich unschön) - und was soll ich sagen? Am nächsten Morgen war eine mega Delle inklusive Schramme links an den Türen. Mein Herz blutete und es kam mir vor, als hätte ich selbst eine Wunde am Arm… Nun ja - seitdem fuhr ich also leicht lädiert durch die Lande, hatte aber zum Glück noch den tschechischen Super-Joker, welcher dann heute dann ins Spiel kam, in der Hand:
Skoda als offizieller Sponsor hat nämlich nicht nur über 300 Fahrzeuge hier bei der Tour im Einsatz, sondern will sich natürlich auch immer optimal präsentiert sehen. Aus diesem Grunde gibt es extra ein spezielles Serviceteam von Skoda aus der Tschechei, welches an jedem Tag für sämtliche akkreditierten Fahrzeuge ansprechbar ist. Der Ort des Serviceteams wird sogar im offiziellen Roadbook der Tour aufgeführt und befindet sich in der Regel bei einer Tankstelle oder direkt an einer Skodawerkstatt in der Nähe des Etappenziels. Da das Serviceteam heute ab 9 Uhr „geöffnet“ hatte und am Ruhetag erfahrungsgemäß dort immer die Hölle los ist, wollten wir versuchen, dort möglichst vor allen anderen anzukommen.
Glücklicher Weise waren wir dann da auch wirklich die ersten und konnten somit direkt bedient werden. Ich erntete zunächst erst mal ein Kopfschütteln von den Skoda-Jungs, erklärte mich dann aber und konnte die Schuld abwälzen. Das wirklich Fabelhafte an der Geschichte ist, dass die Jungs hinsichtlich einer Reparatur wirklich versuchen, alles möglich zu machen, was geht. Ein anderer Superb von uns benötigte beispielsweise eine komplett neue Stoßstange und somit wurde diese auch direkt bestellt und war 2 Tage später da. Soweit ich das richtig verstanden habe, zahlt das auch alles Skoda! Wirklich genial!
Man kann sich wahrscheinlich wirklich nicht vorstellen, wie viele kleinere Probleme oder Unfälle bei so einer Tour de France auftauchen - aber ich sage euch, wenn ihr die Schlange gesehen hättet, wärt ihr bestimmt überrascht.
Nach gut einer Stunde war mein kleiner Liebling also wieder schick und ich konnte zurück ins Hotel am wunderschönen „Lac de Neuchatel“ fahren. Zuvor bedankte ich mich noch beim Mechaniker mit den Worten "vypadá jako nová", woraufhin er sich sehr freute und "děkovat" sagte. Ein Hoch auf den Google-Übersetzer!
Im Hotel hatte ich dann zunächst noch so einige organisatorische Ding zu erledigen und schrieb auch den Blog von gestern. Ich habe ja schon mehrfach erwähnt, dass es hier schön ist - aber ich glaube, ich muss das jetzt direkt noch mal betonen. Dieser See hier ist der schönste See, den ich je gesehen habe. Glasklar, von Weitem strahlend blau und ein Panorama wie gemalt! Überhaupt muss ich sagen, scheint die Schweiz uns hier mit allen Klischees vollends neidisch machen zu wollen, die man sich vorstellen kann. Es ist ein wahnsinnig tolles Wetter, man sieht die hohen Schweizer Berge zu jeder Zeit am Horizont, die Menschen sind alle sehr nett, es ist alles hier sehr sauber und gepflegt, die Straßen und Häuser wirken alle überaus modern und auch die Preise überall zeugen von einem gewissen Niveau.
In dem Ort Neuchatel gibt es sogar überall ein kostenloses W-Lan und als ich heute mal kurz in eine Schweizer Bank musste, erfuhr ich einen Service wie sonst nur in einem gehobenen Bekleidungsgeschäft. Man könnte fast denken, die werfen hier mit Lebensqualität nur so um sich oder möchten gerne dringend noch neue Einwohner rekrutieren. Mich haben sie beinahe soweit!
Nachmittags hatten wir noch ein großes Teamfotoshooting mit allen Fahrzeugen und auch mit unserer Werbekarawane auf dem Plan. Da das natürlich alles professionell und akkurat auszusehen hatte, zog sich das „Aufbauen“ der Autos etwas in die Länge und es ergab sich mal wieder eine lustige Situation. Die Spanier unseres Teams (ca. 70%) können anscheinend keine Sonne vertragen und setzten sich, während alle anderen im Schatten standen, in die Autos, warfen den Motor an und ließen sich von der Klimaanlage abkühlen. Dass sie dabei bald 20 Minuten mit laufenden Motoren am Ufer dieses tollen Sees herumstanden, interessierte sie dabei anscheinend null. Ich fragte sie dann mal, ob sie den Motor nicht ausmachen wollen, aber sie verstanden ernsthaft den Sinn meiner Ansprache nicht. Mein Kopf, den ich durch die geöffnete Scheibe ins Auto gestreckt hatte, traf nur auf fragende Blicke. Was für Typen! Ich frage mich ernsthaft, wieso in Spanien, wo es doch immer so heiß ist, noch so was wie Leben existieren kann.
Ich hoffe, ich bekomme zeitnah noch das komplette Foto und kann es hier dann mal präsentieren. Mein eigentlicher Ruhetag fand heute dann übrigens tatsächlich noch zwischen 19 Uhr und 20:30 Uhr statt - denn da schaffte ich es dann endlich, mich mal zum Wasser zu bewegen. Ich mietete mir ein SUP (Stand Up Paddle Board) und konnte eine Stunde lang einfach mal die wirkliche Ruhe irgendwo auf dem See genießen. Ein Traum!
Wagis (Robert Wagners) Ruhetag begann heute übrigens auch nicht ganz so entspannt. Er bekam gegen halb 9 Besuch von der Dopingkontrolle und durfte direkt artig Blut abgeben. Eigentlich sagt man ja immer, dass an so einem Ruhetag vor allem die Aspiranten auf die Gesamtwertung „Besuch“ bekommen, aber anscheinend wurde Wagi neuerdings in den erweiterten Kreis der Podiumsanwärter aufgenommen. Anders kann ich mir das zumindest nicht erklären!
Abschließend noch ein Hinweis der Redaktion: ich habe jetzt schon mehrere Nachrichten bekommen, dass ich doch bitte mal fragen soll, ob die die Tour nicht noch um eine Woche verlängern können, damit ich weiterhin schreiben kann und ihr täglich was zum Lesen habt. Das wäre natürlich eine Aktion ganz nach meinem Geschmack… Allerdings würde mich Wagi wahrscheinlich killen, wenn nach 3 Wochen nicht Schluss wäre :-)
Dennoch aber natürlich vielen Dank für all das tolle Feedback! Ich werde morgen mal überlegen, ob wir das nicht anders lösen können.
Jetzt ist aber erst mal Sendeschluss.
Tschau Kakau, Euer Paddi-avec-i
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