Judiths Sporternährungs-Blog - heute: Klassiker

Nur ein Eintagesrennen? Alles zur richtigen Ernährung

Von Judith Haudum

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| Foto: sportnutrix.com

02.04.2021  |  Immer um die Osterfeiertage herum wird es für die Profis zum ersten Mal in der Saison so richtig anstrengend. Die Frühjahrs-Klassiker ballen sich im Renn-Kalender: Brügge - de Panne, Gent - Welvegem, E3 Harelbeke, vorgestern Dwars door Vlaanderen, am Ostersonntag die Flandern-Rundfahrt, dann Paris - Roubaix (wenn auch nicht heuer) und das Amstel Gold Race - da gilt es zu performen.

Während bei den Rundfahrten offensichtlich ist, dass sie schwierig
sind - viele Renntage hintereinander, schwere Berg-Etappen, Zeitfahren - meinen nicht wenige Fans, die Klassiker seien keine großen Herausforderungen. Stimmt das? Und wie ist es mit der Ernährung in dieser Renn-Phase?

Beispiel Flandern-Rundfahrt am Sonntag, nicht nur für die Belgier eines der wichtigsten Rennen im Jahr. Auch wenn heuer wie schon 2020 die Stimmung und die Massen an den Straßenrändern fehlen, geht’s im Rennen selbst voll zur Sache: weit über 200 Kilometer bei den Männern und auch 140 Kilometer bei den Frauen stehen an, mit Dutzenden giftigen kleinen Anstiegen. Das erfordert auch eine Top-Ernährungs-Taktik, um bis ins Ziel gute Beine zu haben. Fehler werden hier nicht verziehen, auch wenn die Berge fehlen.

Gerade beim den Frühjahrs-Klassikern
ist immer wieder zu beobachten, wie schnell es gehen kann, dass ein/e Fahrer/in aus einer Gruppe rausfliegt, weil die Energie-Reserven aufgebraucht sind, weil die Energie-Zufuhr am Rad nicht ausgereicht hat, um den Körper ausreichend zu versorgen. Gelegentlich ist das unvermeidlich: Wenn man über das Limit geht, ist manchmal eben Schluss, da kann die Versorgung noch so gut sein. Aber es werden auch Fehler gemacht, wenn plötzlich Fahrer/innen zurückfallen. Oft ist man dann geneigt zu sagen: Zu wenig gegessen, daher musste er/ sie reißen lassen. Aber tatsächlich gibt es viele Gründe, warum eine/ Fahrer/in nicht mehr mithalten kann.

Mit dem richtigen Frühstück fängt der erfolgreiche Renntag an. Ob im Profi- oder im Breitensport - es ist immer wieder erstaunlich, wie viel Unsicherheit herrscht, wenn es um das Frühstück geht. Dabei ist das Frühstück vor dem Rennen einer der wichtigsten Erfolgs-Faktoren, eines der ersten Details, das man klären sollte. Das lege ich jeder/m Radfahrer/in ans Herz.

Viele meinen, dass das Renn-Frühstück klar ist,
aber wenn man nachfragt, kommt durchaus auch Verunsicherung zum Vorschein: Was brauche ich für das Rennen? Wieviel von was zu sich nehmen? Rennen erfordern eine gute Planung, schon vor dem Start. Nicht, dass es kompliziert sein muss - das Renn-Frühstück kann sehr einfach gehalten werden. Aber es soll die notwendige Menge Energie liefern, die man an einem Renntag braucht.

Manche Fahrer/innen haben Angst, dass ihnen im Rennen die Energie ausgeht, daher wird nicht selten zu üppig gefrühstückt, gern auch mit den falschen Lebensmitteln, die die Verdauung überfordern - das wirkt sich auf die Leistung am Rad aus. Manchmal passiert der Fehler nicht im Rennen, sondern schon am Frühstückstisch. Das vermeidet, wer leicht verdaulich, fettarm und nicht zu viel Eiweiß frühstückt. Kohlenhydrate sollten den Hauptteil ausmachen, aber möglichst ballaststoffarm, also eher wenig vollwertige Sorten.

Wenn das Rennen dann gut überstanden ist,
gilt es, dem Körper noch unter die Arme zu greifen, damit er sich bis um nächsten Rennen erholt; lange Rennen verlangen dem Körper sehr viel ab. Nicht selten hört man dann: "Jetzt bin ich so lange gefahren, habe so viele Kalorien verbrannt, jetzt kann ich essen, was ich will.“ Klar verleitet ein hartes Rennen dazu, danach das zu essen, worauf man Lust hat - aber in wenigen Tagen geht’s weiter und man muss wieder fit sein. Am Ruhetag braucht man nicht so viele Kohlenhydrate und so viel Energie, da sollte die vollwertige Seite im Vordergrund stehen: Müsli, Vollkornbrot, viel Obst oder auch gerne Gemüse dazu.

Eine neuere Studie hat die Ernährung von Radfahrern während der Frühjahrs-Klassiker unter die Lupe genommen. Es zeigte sich deutlich, dass die Realität weit von der Theorie abweicht: Ernährungsziele werden nicht erreicht, der Körper ist an manchem Renntag im Frühjahr unterversorgt. Und der Körper leidet unter der Unterversorgung, auch wenn das erstmal keine gesundheitlichen Konsequenzen hat. Allerdings finden mehrere harte Eintagesrennen statt, die viel Energie verlangen; diese Energie muss man dem Körper zuführen. Wenn sich Fehler wiederholen, wirkt sich das definitiv auf Leistung und Gesundheit aus, so die Studie.

Und es geht nicht nur darum, Energie ausreichend
zuzuführen; der Körper muss sich auch auf mehreren Ebenen erholen. Dazu sind bestimmte Nährstoffe notwendig, die man nur in Lebensmitteln guter Qualität findet. Sonst wird das Ziel nicht erreicht, die Erholung bestmöglich zu unterstützen, vielleicht sogar zu beschleunige - auch wenn am nächsten Tag kein Rennen folgt. Was für den Profi bei den Klassikern gilt, gilt natürlich auch für Hobby-Radfahrer/innen beim Radmarathon: Erholung will gut geplant sein, das nächste Training und der nächste Wettkampf kommen immer.

Bei den Frühjahrs-Klassikern sind nicht nur die Renntage für die Profis eine Herausforderung, auch die Tage zwischen den Rennen verlangen gute Planung. Die Fehler am Renntag wirken auf die folgenden Tage, vor allem starke Unterversorgung und falsches Timing in der Erholung. Wer am Renntag seine Hausaufgaben nicht macht, wird die Folgen spüren: Nicht nur dauert die Erholung länger, auch der Hunger wird ein ganz anderer sein.

Natürlich sind die Ruhetage nicht für alle gleich.
Manche Profis haben Probleme, ihre Ernährung an die ruhigeren Tage anzupassen: Einerseits soll man für den nächsten Einsatz auffüllen, andererseits aber nicht zu viel essen, weil man sich weniger bewegt. Eine schwierige Rechnung, die zu Stress führen kann, wenn man beim Essen unsicher ist, und so manche Fahrer/in kommt aus den Klassikern schwerer heraus als sie hineingestartet sind.

Deswegen ist die Zeit der Frühjahrs-Klassiker auch für mich nicht so ruhig: Viel Planung ist notwendig, damit meine Fahrer/innen ihre Renntage gut absolvieren und die Tage dazwischen stressfreier sind. Das oberste Ziel ist, gut durch die Rennen zu kommen - aber es geht auch darum, die Tage dazwischen bestmöglich zu gestalten. Ernährung soll schließlich keinen Stress auslösen, sondern ein Mittel für den sportlichen Erfolg sein.

Judith Haudum ist Sport- und Ernährungs-Wissenschaftlerin sowie Gründerin des Beratungs-Instituts "sportnutrix" in Hallein im Salzburger Land. Sie arbeitet mit diversen UCI-WorldTour- und Women's-WorldTour-Fahrer/innen, dem Österreichischen Radsport-Verband und weiteren Sportverbänden. Judith berichtet exklusiv auf radsport-news.com alle zwei Wochen über neue Erkenntnisse aus der Sporternährung.

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