Judith Haudums Sporternährungs-Blog

Etappen-Rennen: Wie ernähre ich mich richtig?

Von Judith Haudum

Foto zu dem Text "Etappen-Rennen: Wie ernähre ich mich richtig?"
Sportler-Frühstück: Honig-Semmel, Milchkaffee | Foto: sportnutrix.at

26.06.2022  |  Seit vergangenem Sonntag läuft die Tour Transalp, ein Freizeit-Etappen-Rennen über sieben Tage - und für viele Hobby-Radsportler/innen ein Höhepunkt auf ihrer "must do"-Liste. Wenn dann mehrere Tage hintereinander so richtig Rennen gefahren wird, ist das für den Körper eine hohe Belastung, die viel Energie verlangt. Dabei ist ausreichende Energiezufuhr sehr wichtig, denn versäumt man an einem Tag, die Speicher wieder gut aufzufüllen, schleppt man dieses Defizit in den nächsten Tag und kann die seine Leistung nicht mehr bringen.

Mehrtägige Rundfahrten vereinen alle Ernährungsziele:
Nun ist es wichtig, dass vom Frühstück bis zum Snack am Abend vorm Schlafen alles passt und die Energie richtig verteilt wird. Für viele Rennradler/innen bedeutet das auch, dass sie deutlich mehr Kohlenhydrate aufnehmen, weil sie instinktiv wissen, dass das am nächsten Tag im Rennen nützlich sein wird. Daraus können sich allerdings Schwierigkeiten ergeben...

An Renntagen ist es notwendig, kohlenhydratreich zu essen. Das muss man aber "üben" und sich an größere Mengen auch gewöhnen. Schon beim Frühstück kommt es häufig zu Fehlern. Nicht wenige Radfahrer/innen haben Angst, im Rennen plötzlich energielos den Anschluss an die Gruppe zu verlieren. Deswegen essen sie beim Frühstück besonders große Portionen - manchmal allerdings zu viele schwere Dinge wie Käse, Omelette, Nüsse, Avocado.

Gerade für mehrtägige Events ist es wichtig,
das richtige Wettkampf-Frühstück zu kennen, die richtige Menge, die richtige Zusammensetzung. Dann wird schon mal einer der häufigsten Fehler vermeiden und es ist ein Fehler, der sich teils bis in die höchsten Ligen beobachten lässt. Ein gutes Renn-Frühstück enthält 1 - 4 g/ kg Körpergewicht an Kohlenhydraten - also zB 90 g Haferflocken mit einer Banane und 2 EL Honig, dann ein Stück Kuchen.

Im Rennen hilft die Verpflegung am Rad nicht nur, den Leistungsabfall zu minimieren, es wirkt sich auch auf die Erholung aus. Umso besser die Verpflegung im Rennen, umso besser und einfacher ist dann auch die Regeneration. Ein völlig leerer Körper braucht viel mehr Pflege als ein Köper, der noch Reste von seinen Reserven in sich hat und beim Rennen gut versorgt wurde. Daher ist es besonders bei mehrtägigen Rundfahrten wichtig, sich am Rad gut zu verpflegen. Passiert das nicht, leidet nicht nur die Leistung am selben Tag, sondern ziemlich wahrscheinlich auch die am nächsten Tag bzw an den nächsten Tagen.

Wie in einem harten Training ist es zental,
das gesamte Rennen über ausreichend Energie aufzunehmen. Das klappt besser, wenn man bereits im Training die Energiezufuhr gut umsetzt und die Tage, an denen es im Training nötig ist, ausreichend Kohlenhydrate zuführt. So wird das im Rennen fast automatisch gemacht, ohne lange darüber nachdenken zu müssen. Das hat mehrere Vorteile: Nicht nur, dass der Stress wegfällt, sich im Rennen aufs Essen konzentrieren zu müssen, sondern auch in der Vorbereitung erzeugt es weniger Stress, weil es schlichtweg zur Vorbereitung und Planung für eine Etappe dazugehört.

Wie sieht das in der Praxis aus? Im Rennen sollten an die 90 Gramm pro Stunde Kohlehydrate aufgenommen werden, also zum Beispiel etwa drei Gels und eine 500 ml Sportgetränk, oder ein Riegel (30 g), 500 ml Getränk und ein Gel.

Neben der Energie ist auch die ausreichende
Flüssigkeitszufuhr wichtig. Wer im Rennen stark dehydriert, bracht jeden Tag viele extra Regenerations-Maßnahmen, um für den darauffolgenden Tag wieder fit zu werden. Deutliche Dehydrierung hinterlässt zudem Spuren: Sie belastet den Körper zusätzlich, und wirkt sich definitiv auf Befinden und Leistung aus. Beim Rennen also immer auch den Flüssigkeitshaushalt im Auge behalten. Ähnlich der Kohlenhydrat-Zufuhr gilt auch hier: Regelmäßig vom Start weg trinken.

Der Flüssigkeitsbedarf ist individuell, da gibt’s leider keine Empfehlungen: Der eine schwitzt viel, der andere weniger. Man sollte nicht mehr als zwei bis drei Prozent des Körpergewichts im Rennen verlieren. Ein Beispiel: eine Athletin mit 70 kg sollte nach dem Rennen nicht mehr als zwei Kilogramm durch Dehydrierung verloren haben; diese Menge würde bereits die Leistung reduzieren. Nach dem Rennen ist es wichtig, die verlorene Flüssigkeit über die nächsten Stunden durch regelmäßiges Trinken wieder aufzunehmen.

Nach dem Rennen ist vor dem Rennen!
Sobald das Ziel erreicht ist, geht’s an die Regeneration. Der Körper regeneriert optimal, wenn die Erholungsmaßnahmen sofort gestartet werden. Eine erste Zufuhr von Kohlenhydraten und Eiweiß sind wichtig, damit der Körper sofort die Wiederherstellungs-Prozesse starten kann. Es empfiehlt sich ein Getränk, weil man damit auch etwas Flüssigkeit aufnimmt; aber auch ein Sandwich oder ein Riegel sind möglich. Wer vom Rad steigt, greift also gleich mal zu Regenerations-Getränk: Von Trink-Kakao über Fruchtbuttermilch oder Smoothie bis um Shake ist alles möglich.

Radfahrer/innen haben unterschiedliche Vorlieben, aber es gibt mehrere Möglichkeiten, die Regenerations-Prozesse erfolgreich einzuleiten. Nach dieser ersten Zufuhr folgt dann eine Mahlzeit, die leicht verdaulich sein sollte und zudem notwendige Kohlenhydrate für den nächsten Tag liefert. Ein Gericht, das auf Kohlenhydraten aufgebaut ist, ist also die zweite Regenerations-Maßnahme: Risotto, Pasta, Gnocchi, Milchreis sind passende Optionen.

Damit ist es aber noch nicht vorbei.
Die Regeneration ist gleichzeitig die Vorbereitung auf die nächste Etappe - und damit sind weitere Kohlenhydrate notwendig. Nur so gelingt es, die Speicher wieder vollständig aufzufüllen. Je länger ein Rennen dauert, desto mehr Kohlehydrate sind gefragt, und umso schlechter die Versorgung am Rad klappt, umso größer ist das Energieloch. Das heißt, es muss später noch mehr Energie aufgenommen werden, um die Löcher zu stopfen.

Die Regenerationsmaßnahme hängt auch davon ab, wie die Strecke und Belastung war. Daraus ergibt sich, was bis zum Schlafen konsumiert werden sollte. Unmittelbar danach zuerst mal einen Recovery-Shake oder 500 ml Kakao (ca. 1 - 1,2  g Kohlenhydrate, 20 - 25 g Eiweiß). In der Folge dann mit der nächsten Mahlzeit ähnliche Mengen an Kohlenhydraten und etwas Eiweiß, zB ein Gericht mit 270 - 300 g Reis, dazu ein kleines Stück Fleisch, Fisch oder Tofu.

Welche Fehler passieren häufig?
Bestreiten Radfahrer/innn mehrtägige Events, dann ist auch die Qualität der Mahlzeiten sehr wichtig. Oftmals wird zu schwer gegessen oder zu viel vom Falschen: zu viel Obst, zu viel Gemüse, zu viel Fett. All das belastet die Verdauungsorgane und kann zu Problemen führen. Manche essen auch zu viel auf einmal, timen die Mahlzeiten schlecht und fühlen sich dann unwohl. Die Verteilung der Kalorien über den Tag macht viel aus, wer zu viel auf einmal isst, fühlt sich nicht nur unwohl, sondern versorgt den Körper auch nicht optimal.

Schlechte Organisation ist ein häufiger Fehler, der vor allem nach Rennen dazu führt, dass man eine Mahlzeit zu spät oder zu wenig konsumiert. Wäre das bei einem eintägigen Event nicht weniger schlimm, kann das bei einer Rundfahrt für den nächsten Tag Konsequenzen haben. Versäumtes lässt sich in der Ernährung nur schwer nachholen, wenn es um die Regeneration zwischen zwei Rennen geht.

Daher mein Tip für einen guten Start
in den Renntag: Haferbei mit Obst, Honig und Jogurt, dazu noch ein Stück Kuchen und ein Milchkaffee, oder ein kleiner Pfannkuchen mit Sirup und Obst dazu.

Judith Haudum ist Sport- und Ernährungs-Wissenschaftlerin sowie Gründerin des Beratungs-Instituts "sportnutrix" in Hallein im Salzburger Land. Sie arbeitet mit diversen UCI-WorldTour- und Women's-WorldTour-Fahrer/innen, dem Österreichischen Radsport-Verband und weiteren Sportverbänden. Judith berichtet exklusiv auf radsport-news.com alle drei Wochen über neue Erkenntnisse aus der Sporternährung.

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