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01.06.2021 | Kolumbianer, Engländer, Australier, Norweger, Südafrikaner… der Radsport ist über die Jahre sehr international geworden. Waren es früher wenige große Radsport-Nationen, die fast das gesamte Fahrerfeld gestellt haben, so kommen die Fahrer/innen heute praktisch aus der ganzen Welt. Das tut dem Radsport gut, und es hat Auswirkungen auf viele Bereiche. Kulturelle Vielfalt ist immer eine Bereicherung für den Sport - auch wenn es nicht immer einfach ist. Besonders in der Ernährung können unterschiedliche Nationalitäten eine echte Herausforderung werden.
Warum? Wir alle wachsen in einer Umgebung auf, die uns prägt,
und dazu gehört definitiv auch die Küche. Vor aallem in den Mittelmeer-Ländern sieht man bis heute, welche Bedeutung Essen, Familienfeste und traditionelle Küche haben. Das ist weit mehr als Kalorien zuführen - da sind Emotionen, Feiern, Geschichte, Heimat und Zugehörigkeit. Müssen Sportler/innen auf dem Weg nach oben diese Vertrautheit hinter sich lassen, kann das schwierig werden.
Mancher von uns "Normalos" bekommt schon eine Krise, wenn im Urlaub das geliebte Schnitzel nicht verfügbar ist. Auch bei Sportler/innen, die ja zudem noch Höchstleistungen erbringen sollen, kann das eine Stress-Situation sein, wenn das Essen so gar nichts Vertrautes hat. Nicht zu vergessen: gerade in schwierigen Zeiten ist "traditionelles" Essen etwas, das ein Gefühl von Sicherheit und Heimat gibt. Vertrautes Essen ist wichtig, für jeden von uns. Wenn vertraute Lebensmittel fehlen, kann das Gefühle von Traurigkeit, Einsamkeit, Isolation, ja sogar Angst und Verlorensein auslösen.
Zurück zum Sport: Eine ausgewogene Ernährung
und ausreichende Energieversorgung sind Voraussetzung für Höchstleistungen. Im Radsport, wie in anderen Sportarten auch, sind gewisse Produkte populär geworden - ob Reis-Cakes, Reiskuchen oder Panini im Training. Auch darüber hinaus gibt es Rezepte, die bei den Profis populär sind, und von Hobby-Radsportler/innen nachgekocht werden. Porridge beispielsweise findet man in fast jedem Kochbuch für Ausdauersportler.
Aber muss es immer Porridge zum Frühstück sein, oder kann es nicht auch mal was anderes geben? Wir suchen alle nach den besten Rezepten für die Mahlzeiten vor Wettkämpfen und die Verpflegung am Rad. Aber: Es gibt viele unterschiedliche Möglichkeiten, sich mit Energie zu versorgen.
In die Praxis: Bei meiner Arbeit mit
Radrennfahrer/innen aus unterschiedlichen Ländern spielt deren Herkunft eine wichtige Rolle. Jedes Land hat andere traditionelle Rezepte, die ich oft nicht kenne. Diese Rezepte sollten trotzdem in der Sporternährung berücksichtigt werden - schließlich geht’s am Ende auch darum, dass meine Sportler/innen Freude am Essen haben.
Warum soll ein argentinischer Sportler das essen, was ein Australier gewöhnlich am Abend isst? Ein Kolumbianer wird mit der deutschen Küche wohl auch nicht besonders glücklich werden. Tatsächlich lerne ich in meiner Arbeit mit den Sportler/innen auch viel über andere Kulturen, ich lerne andere Rezepte und Mahlzeiten kennen, die auch für mich eine Bereicherung sind.
Allein das Frühstück kann viele unterschiedliche
Formen haben. Und immer wieder gibt’s bei mir gemeinsames Kochen, wo traditionelle Rezepte gekocht werden - nicht anders als in vielen Profi-Teams: So lernt man sich kennen und respektieren, und es bringt alle als Team einen Schritt weiter. Für mich bedeutet das zudem, dass mein Speiseplan mit jedem neuen Rezept ein Stückchen erweitert wird.
Hat man sich mit Sportler/innen über traditionelle Rezepte ausgetauscht, kommt der nächste Punkt: Die Rezepte analysieren und für das Training optimieren. Einer meiner Radrennfahrer kocht daheim sehr viel mit Reis, Kartoffeln und Hülsenfrüchten. Da jedoch in manchen Phasen die Kohlehydrat-Zufuhr reduziert werden muss, verändere ich die Rezepte und/ oder stelle die Mahlzeiten entsprechend anders zusammen.
Das bedeutet nicht, dass dann kein Platz
für traditionelle Gerichte ist. Aber das gesamte Menü muss dem Nährstoffbedarf für einen bestimmten Trainingstag entsprechen. In diesen Schritten finden also Landesküche und Sporternährung zusammen: Das traditionelle Rezept wird den Ernährungszielen eines Trainingsplans angepasst.
Wer sich zu Sporternährung informiert, findet in vielen Zeitschriften und Blogs ähnliche Rezepte mit wenig Abwechslung. Diese Tendenz findet man übrigens auch auf Speisekarten mit "Sportler-Menüs": Es sind eigentlich immer die gleichen Angebote, zum Beispiel Geflügel mit viel Gemüse und kleiner Kohlenhydrat-Beilage.
Dabei gibt es viele Möglichkeiten, wie man als Sportler/in
den täglichen Nährstoffbedarf gut abdecken kann - dabei helfen gerade die internationalen Rezepte. Warum soll ein Italiener nicht seine Spaghetti essen, und ein Inder sein Curry Pilaw? Und wenn der Österreicher am Abend gerne eine Brotzeit hat, dann lässt sich auch das mit den Ernährungszielen vereinbaren.
Sporternährung lebt natürlich auch von Trends und neuen Produkten. Wer hat in Europa vor 30 Jahren Erdnussbutter verwendet? Mittlerweile gibt es viele Riegel und auch Gels, die Erdnussbutter enthalten. Amerikaner lieben sie, und auch wir Europäer haben gelernt, sie zu lieben... Geschmack ist etwas sehr regionales, traditionelles, Länder unterschieden sich in Geschmacks- und Gewürz-Vorlieben deutlich. Das muss ich in meiner Arbeit mit Radrennfahrer/innen immer wieder berücksichtigen.
Dabei kann ich durchaus auch auf manche
altbewährten Rezepte zurückzugreifen, die vor allem eines könnn: Sie decken den Bedarf von Sportler/innen hervorragend ab, und sie sind gute, hochwertige Nährstoffl-Leferanten.
Ein Bespiel? Ein österreichischer Klassiker, der Kaiserschmarrn - nach dem Training perfekt... Er hat’s schon nach mancher langen Etappe auf den "Recovery Plan" geschafft. Oder Milchreis, wie er in Kolumbien gerne zum Nachtisch gegessen wird, vor einem intensiven Training. Wer nichts Süßes mag - warum nicht eine Pasta Napoli nach dem Training, zum Wiederauffüllen der Glykogen-Speicher? Für gestresste Sportlerinnen den Grießbrei unterwegs, wenn das Training direkt nach der Arbeit folgt.
Hier ein paar ausgewählte "traditionelle" Rezepte aus verschiedenen Ländern.
Kaiserschmarrn
(Österreich)
Zutaten
(4 Portionen):
3 Eier,
350 g Mehl (2 ¾ Tassen),
1 EL brauner Zucker oder Honig,
500 ml fettarme Milch (2 Tassen), 1
Prise Salz,
3 EL Rosinen,
2 EL Rapsöl,
1 EL Staubzucker,
Zimt,
3 bis 4 Tassen Zwetschken-Röster oder Apfel-Püree
Zubereitung: Eiklar und Dotter trennen. Eidotter, Zucker, Milch und Mehl mischen. Eine Prise Salz zum Eiklar geben und steif schlagen. Eiklar unter den Teig heben und gut vermischen. Etwas Öl in einer beschichteten Pfanne erhitzen und den Teig hineingeben, Rosinen darauf verteilen. Auf der einen Seite für ein paar Minuten bei mittlerer Hitze anbraten, dann wenden und mit Gabel in Stücke reißen. Nicht zu lange braten, sonst wird der Schmarrn zu trocken. Staubzucker und Zimt auf den Teig streuen und mit Kompott servieren.
Tips: Anstelle vom Weizenmehl kann auch Vollkorn-/ Dinkelmehl verwendet werden. Für etwas mehr Eiweiß einen Joghurt (nach Geschmack) dazugeben.
Nährstoff-Information (pro Portion): 653 kcal, 9 g Fett, 120 g Kohlenhydrate, 9 g Ballaststoffe, 14 g Eiweiß, 693 mg Salz
Riso al Latte (Italien; Milchreis)
Zutaten
(4 bis 6 Portionen):
1 Tasse Risotto-Reis, Safran (optional),
½ Tasse Kristallzucker (oder Alternative), ¼ Tasse brauner Zucker,
3 Tassen fettarme Milch, 1 Tasse Apfelsaft (optional),
4 kleine Äpfel, 1 Zimtstange
Zubereitung: Den Reis mit zwei Tassen (500 ml) Wasser aufkochen, dann bei mittlerer Hitze köcheln lassen, bis das meiste Wasser aufgenommen ist. Kristallzucker, Milch und evtl Safran hinzufügen, aufkochen. Hitze reduzieren und für 20 - 25 Min. köcheln lassen, hin und wieder umrühren, vor allem am Ende. Äpfel, braunen Zucker, Zimtstange, Salz und Wasser in einem Topf aufkochen, bis sich der Zucker aufgelöst hat. 5 bis 10 Min. köcheln lassen, bis die Äpfel weichgekocht sind; Zimtstange entfernen. Reis mit kleingeschnittenen Äpfeln verzieren - und genießen...
Tips: Mandelblättchen in 1 EL Butter hellbraun anrösten und zum Schluss unter den Reis heben; evtl auch Vanille (Schote oder Essenz).
Heiße Beeren anstelle der Äpfel, oder auch
Marmelade (nach Geschmack). Im Sommer auch kalt lecker.
Nährstoff-Information (pro Portion): Energie 381 bis 571 kcal,
Fett 1 g,
Kohlehydrate 81 bis 122 g,
Eiweiß 13 bis 19 g
Judith Haudum ist Sport- und Ernährungs-Wissenschaftlerin sowie Gründerin des Beratungs-Instituts "sportnutrix" in Hallein im Salzburger Land. Sie arbeitet mit diversen UCI-WorldTour- und Women's-WorldTour-Fahrer/innen, dem Österreichischen Radsport-Verband und weiteren Sportverbänden. Judith berichtet exklusiv auf radsport-news.com alle zwei Wochen über neue Erkenntnisse aus der Sporternährung.
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