Bora-hansgrohe wehrt sich gegen Sagans Ausschluss

Denk: "Das war ein Rennunfall, kein Vorsatz"

Von Joachim Logisch und Felix Mattis

Foto zu dem Text "Denk:
Peter Sagan (Bora-hansgrohe) im Zielsprint der 4. Tour-Etappe | Foto: Cor Vos

05.07.2017  |  (rsn) - Das war keine leichte Nacht für Peter Sagan, Teamchef Ralph Denk und allen anderen von Bora-hansgrohe. radsport-news.com erlebte im Club-Med-Hotel von Vittel die angespannte Lage vor Ort mit. Die Hoffnung ruht nun auf dem Protest gegen den Ausschluss des Etappensiegers von Longwy.

Sagan war disqualifiziert worden, weil er 200 Meter vor Ende der 4. Etappe von Mondorf-les-Bains nach Vittel (207,5 km) den von hinten aufkommenden Mark Cavendish mit einem Ellbogencheck in die Bande befördert haben soll. Dabei stürzte der Brite so schwer, dass er wegen eines gebrochenen Schulterblatts die Tour aufgeben musste. Auch John Degenkolb (Trek-Segafredo) und Ben Swift (UAE Team Emirates) kamen dabei zu Fall. Der Oberurseler will versuchen, das Rennen heute fortzusetzen.

Heute Morgen nahm Denk erstmals selbst Stellung, und zwar im Morgenmagazin des ZDF: "Wir haben gestern gegen das Urteil Einspruch eingelegt. Wir haben noch nichts gehört. Wir haben nur heute morgen noch Zeit, auf Antwort zu warten. Denn eins ist klar: Wenn er heute nicht startet, ist er raus aus der Tour", erklärte er im Interview der Moderatorin Annika Zimmermann.

Spekulationen des slowakischen Fernsehens, dass Bora-hansgrohe das gesamte Team von der Tour abziehen werde, erteilte er eine klare Absage. Denk: "Dem ist definitiv nicht so. Das ist eine Interpretation des slowakischen Fernsehens, nicht von uns."

Vielmehr werde seine Mannschaft sportlich auf den Aussschluss seines Weltstars reagieren. Denk: "Wir haben mit Emanuel Buchmann und Rafal Majka noch zwei Leute, die sehr, sehr gut im Gesamtklassement liegen. Auf sie werden wir uns konzentrieren. Ja, wir müssen es dann akzeptieren, wenn Peter nicht mehr mitfahren darf."

Denk erklärte nochmal sausführlich, wie er und sein Team den Vorfall sehen, der zum Ausschluss Sagans führte: "Wir interpretieren das als Rennunfall. Der kann immer passieren. Das war keine Absicht und kein Vorsatz von Peter Sagan. Wenn man die Bilder genau anschaut, dann fährt Cavendish in eine Lücke, die gar nicht da war. Erst dann kommt der Ellbogen. Der Ellbogen war zum Ausbalancieren von Peter Sagan. Wir sehen das ganz anders, als die UCI-Jury. Deshalb haben wir auch Protest eingelegt. Viele ehemalige Aktive und Rennfahrer haben auch zurückgerudert. Zum Beispiel André Greipel, der nach der Etappe noch sehr aufgebraust Richtung Peter Sagan war, hat sich zurückgenommen. Oder Sprintergrößen wie McEwan, wie Petacchi haben sich ebenfalls für Sagan stark gemacht. Deshalb ist es um so härter, so eine Entscheidung zu akzeptieren."

Im Gespräch danach erklärte Ralph Denk gegenüber radsport-news.com, was sein Team unternommen habe, um den Ausschluss abzuwehren: "Wir haben noch eine schriftliche Darstellung der Situation eingereicht, unterschrieben von mir und Peter Sagan. Nun warten wir auf Antwort."

Mehr kann der Raublinger nicht tun. Denk: "Ich glaube, dass es schwierig ist, etwas zu ändern. Vielleicht kann man es gleichsetzen mit einem Elfmeter im Fußball, der nicht gerechtfertigt ist!"

Mit dem Ausschluss hatten die Verantwortlichen von Bora-hansgrohe sicher nicht gerechnet. Denn alle befanden sich schon im Teamhotel, als das harte Urteil sie erreichte. "Natürlich bricht für ihn eine Welt zusammen", erklärte Denk gegenüber radsport-news.com die Reaktion seines Stars nach dem Urteil. "Peter hat sich für die drei Wochen top vorbereitet, ist top in Form und hat schon einmal gewonnen. Und dann so etwas. Wir würden uns nicht hinter den Sportler stellen, wenn es ein fahrlässiges Vorgehen gewesen wäre. Aber in dem Fall war garantiert kein fahrlässiges Vorgehen. Ich werte das als Rennunfall. Ich sehe Peter nicht einmal in der Schuld, dass es zu diesem Sturz kam. Deshalb ist so eine Entscheidung um so bitterer."

Bang erwarten Sagan und seine Mannschaft nun die Entscheidung der UCI-Jury. Denk: "Man wird schauen. Es ist auch für uns eine neue Situation. Wir haben alles getan. Wenn Peter heute nicht an der Startlinie steht, kann ich wenigstens zu ihm hingehen und sagen, es tut mir leid, wir haben alles getan für dich. Es liegt in den Händen der UCI, nicht mehr an uns." Große Hoffnungen hat Denk aber nicht, dass sich noch etwas ändert. Sagan bereitet sich derweil auf seine Abreise vor.

Mehr Informationen zu diesem Thema

20.07.2020Video-Rückblick: Matthews erobert das Grüne Trikot der Tour 2017

(rsn) - Als Michael Matthews (Sunweb) 2017 erstmals in seiner Karriere das Grüne Trikot der Tour de France eroberte, beendete er eine glanzvolle Frankreich-Rundfahrt, in deren Verlauf er auch zwei Et

01.07.2020Video-Rückblick: Valverdes Tour-Sturz von Düsseldorf

(rsn) - Vor genau drei Jahren stürzte Alejandro Valverde (Movistar) beim Auftakt der Tour de France in Düsseldorf im Zeitfahren auf regennasser Straße so schwer, dass dem Spanier sogar das Karriere

30.10.2019Düsseldorf muss Tour de France-Vertrag offenlegen

(rsn) - Die Stadt Düsseldorf muss den Vertrag, der zwischen der Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens und der französischen Amaury Sport Organisation im Zuge es Tour de France-Starts 2017 geschloss

06.12.2017Fall Sagan: Dimension Data kritisiert Vorgehensweise der UCI

(rsn) - Mark Cavendishs Dimension Data-Team fühlt sich bei der Entscheidungsfindung im Fall Sagan übergangen. Wie Manager Douglas Ryder in einer Pressemitteilung erklärte, sei man davon ausgegangen

05.12.2017Sagans Tour-Ausschluss beruhte auf einem Fehlurteil

(rsn) - Peter Sagans Disqualifikation nach der 4. Etappe der Tour de France war nicht Folge eines Fehlverhaltens des Weltmeisters, der in einem hart umkämpften Sprint in Vittel den Sturz seines Konku

13.11.2017Sagans Tour-Disqualifikation wird vor dem CAS verhandelt

(rsn) - Peter Sagans umstrittene Disqualifikation nach der 4. Etappe der Tour de France wird am 5. Dezember vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS verhandelt. Das geht aus CAS-Terminkalender her

06.09.2017Düsseldorf macht mit Grand Depart 7,8 Millionen Euro Verlust

Düsseldorf (dpa) - Die Stadt Düsseldorf hat mit dem Start der Tour de France 2017 einen Verlust von 7,8 Millionen Euro gemacht. Diese Zahl nannte Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) bei de

28.07.2017Denk: "Das Material gibt es ja, man muss es nur verwenden"

(rsn) - Ralph Denk hat mit Verwunderung auf die Forderung von Philippe Mariën, Chef der Jury der Tour de France, reagiert, künftig bei Radrennen auf den Video-Beweis zu setzen. Hintergrund ist der A

28.07.2017Barguil fährt lieber ohne Powermeter

(rsn) – Auch in diesem Jahr brodelt nach der Tour de France in Sachen Teamwechsel die Gerüchteküche, vor allem bei denjenigen Fahrern, deren Verträge auslaufen. Letzeres gilt zwar nicht für Warr

28.07.2017Martens: "Roglic und Groenewegen können Weltstars werden"

(rsn) - Paul Martens (LottoNL-Jumbo) hatte bei seiner dritten Tour de France allen Grund zum Jubeln. Sein Team kehrte mit zwei Etappensiegen durch Primoz Roglic und Dylan Groenewegen aus Frankreich zu

28.07.2017Jury-Chef der Tour fordert Video-Beweis für Sprints

(rsn) - Philippe Mariën, Chef der Jury der Tour de France, die Peter Sagan nach der 4. Etappe in einer heftig kritisierten Entscheidung wegen dessen vermeintlichem Ellbogencheck gegen Mark Cavendish

28.07.2017Dan Martin fuhr die Tour mit zwei gebrochenen Wirbeln zu Ende

(rsn) - Daniel Martin (Quick-Step Floors) hat sich bei seinem Sturz auf der 9. Etappe der Tour de France zwei Wirbel gebrochen. Die Verletzung allerdings wurde erst in dieser Woche bei einer Computert

Weitere Radsportnachrichten

21.11.2024Tarling will Fokus auf Klassiker legen

(rsn) – Wenn Josh Tarling (Ineos Grenadiers) erfolgreich ist, dann im Zeitfahren. Als der heute 20-Jährige vor zwei Jahren den Sprung von den Junioren direkt zu den Profis machte, überzeugte der B

21.11.2024GPS-Tracking: Tour de Suisse und Tour of Austria wollen UCI zuvorkommen

(rsn) – Die tödlichen Unfälle von Gino Mäder, André Drege und Muriel Furrer in den vergangenen 17 Monaten werden zumindest bei Rundfahrten in der DACH-Region, also in Deutschland, Österreich un

21.11.2024Wiggins-Schulden deutlich höher als zunächst angenommen

(rsn) – Offenbar sind die Schulden von Bradley Wiggins deutlich höher als bisher angenommen. Als im Juni ein Insolvenzverfahren gegen den Tour-de-France-Sieger von 2012 eröffnet wurde, weil seine

21.11.2024Uijtdebroeks denkt über Rallye-Karriere nach

(rsn) – Seine Profikarriere als Radsportler hat kaum begonnen, da macht sich Cian Uijtdebroeks schon Gedanken über die Zeit danach. Der 21-Jährige hat jüngst in einem Interview mit Het Nieuwsblad

21.11.2024Pogacar schließt Start bei Paris-Roubaix nicht aus

(rsn) – Fährt er, oder fährt er nicht? Zuletzt schien es so, als wolle Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) für die nächsten Jahre noch einen Bogen um Paris-Roubaix machen. Doch neue Aussagen des 2

21.11.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

21.11.2024Nach Dopingsperre jetzt Haft auf Bewährung gefordert

(rsn) - Nach vier Jahren Dopingsperre aufgrund eines positiven Test auf Epo im Jahr 2019 droht der früheren französischen Radsportlerin Marion Sicot jetzt eine einjährige Haftstrafe auf Bewährung.

21.11.2024Amador beendet Karriere trotz Vertrag, Movistar macht Nägel mit Köpfen

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

20.11.2024Pieterse gibt ihr Cross-Programm bekannt

(rsn) – Mountainbikeweltmeisterin Puck Pieterse (Fenix – Deceuninck) hat auf ihren Social-Media-Kanälen ihr Programm für den Winter bekannt gegeben. Die 22-Jährige steigt erst Mitte Dezember be

20.11.2024Das Pech zog sich wie ein roter Faden durchs Jahr

(rsn) – Nach einer starken Saison 2023, als er Deutscher U23-Meister auf der Straße und im Zeitfahren wurde sowie einen sechsten Platz im WM-Straßenrennen der Espoirs einfuhr, ging Moritz Kretschy

20.11.2024Die negativen Erlebnisse übermalten die positiven

(rsn) - Eigentlich hatte sich Marco Schrettl (Tirol - KTM) 2024 vorgenommen mit tollen Leistungen eine starke Empfehlung an die besten Teams des Straßenradsports abzugeben, doch ganz klappte der ambi

20.11.2024Drei Mal Gold zu holen bleibt ein Traum

(rsn) – Madison-Gold bei EM und WM, dazu zwei Podien in UCI-Rennen auf der Straße. Für Roger Kluge (rad-net – Oßwald) lief die Saison 2024 eigentlich perfekt, wäre da nicht die Enttäuschung b

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine