"Sprinten ist wie Tetris zu spielen"

Kittel folgt in Pau auf Thurau und Zabel

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Kittel folgt in Pau auf Thurau und Zabel"
Marcel Kittel (Quick-Step Floors) hat bei der Tour nun 5 Etappen gewonnen. | Foto: Cor Vos

12.07.2017  |  (rsn) - Alle 20 Jahre gewinnt in Pau ein Deutscher. Nach Dietrich Thurau 1977 und Erik Zabel 1997 hat Marcel Kittel in der Stadt am Rande der Pyrenäen die 11. Etappe der Tour de France 2017 gewonnen und seine Ausnahmestellung als bester Sprinter der 104. Frankreich-Rundfahrt ein weiteres Mal eindrucksvoll unterstrichen.

Der Erfurter setzte sich in Pau mit einem einmal mehr perfekt getimeten Sprint souverän vor dem Niederländer Dylan Groenewegen (LottoNL-Jumbo) und dem Norweger Edvald Boasson Hagen (Dimension Data) durch. André Greipel (Lotto-Soudal) kam als zweitbester Deutscher auf Rang sieben, Rüdiger Selig (Bora-hansgrohe) wurde 16. und John Degenkolb (Trek-Segafredo) landete auf dem 82. Platz.

"Es ist unglaublich. Wenn man im Sprint auf seinem besten Niveau ist, ist es manchmal wie Tetris zu spielen - und in den letzten Spielen habe ich immer die richtigen Lücken erwischt und habe nie einen Fehler gemacht", sagte Kittel im ersten Sieger-Interview. "Alle Reihen war perfekt, alle Sprintlinien waren perfekt. Ich konnte heute wieder von Hinterrad zu Hinterrad springen - einfach unglaublich, wirklich."

Wie schon mehrfach bei dieser Tour kam der Sprinter vom Quick-Step Floors-Team nicht in einer der ersten fünf Positionen auf den Schlusskilometer, sondern sortierte sich weiter hinten ein, um länger im Windschatten zu sein, sich auf den letzten 300 Metern am Rand des Sprintzuges freizuschwimmen und dann von hinten an allen vorbei zu fliegen. Groenewegen folgte ihm dabei zwar die ganze Zeit im Windschatten, konnte davon aber nur insofern profitieren, als dass er dadurch ebenfalls am Rest vorbeizog und Zweiter wurde. Daran auszuscheren und Kittel noch anzugreifen, war für ihn nicht zu denken.

"Es kommt alles zusammen. Ich habe momentan die Beine und den Kopf dafür. Es ist einfach perfekt", so Kittel. "Ich bin glücklich, all meine Chancen bisher genutzt zu haben. Jetzt kann es nicht mehr schlecht werden."

Während Kittel mit seinem bereits fünften Sieg am elften Renntag seine Führung im Kampf ums Grüne Trikot gegenüber Michael Matthews (Sunweb), der Etappenvierter wurde, auf 132 Punkte Vorsprung ausbaute, verteidigte auch Chris Froome (Sky) das Gelbe Trikot souverän und liegt weiterhin 18 Sekunden vor Fabio Aru (Astana) an der Spitze. Im Gegensatz zum Gesamtdritten Romain Bardet (Ag2r La Mondiale), dem Fünften Jakob Fuglsang (Astana) und Alberto Contador (Trek-Segafredo) hielt sich Froome auch über die gesamten 203,5 Kilometer auf dem Rad. Die Stürze seiner drei Kontrahenten gingen aber ebenfalls glimpflich aus - alle drei konnten das Rennen weitgehend unverletzt fortsetzen. Ausgeschieden ist hingegen Dario Cataldo (Astana), der rund 90 Kilometer vor dem Ziel zu Boden ging und sich das offensichtlich schmerzende Handgelenk hielt.

Schon kurz nach dem Start in Eymet hatten sich mit Maciej Bodnar (Bora-hansgrohe), Marco Marcato (UAE-Emirates) und Frederik Backaert (Wanty-Groupe Gobert) drei Fahrer vom Peloton abgesetzt. Das Trio wurde im Verlauf der Etappe jedoch nie auf mehr als fünf Minuten weggelassen, während im Hauptfeld in erster Linie Julien Vermote (Quick-Step Floors) und Lars Ytting Bak (Lotto-Soudal) das Tempo bestimmten und den Abstand kontrollierten.

Nachdem am Zwischensprint Alexander Kristoff (Katusha-Alpecin) aus dem Feld heraus vor Matthews, Kittel und André Greipel (Lotto-Soudal) auf den vierten Platz gespurtet war, verkürzte das Feld den Rückstand zur Spitze bald deutlich. Bereits 30 Kilometer vor dem Ziel war das Ausreißer-Trio fast gestellt, und so nahm sich Bodnar noch einmal ein Herz um ab 25 Kilometer vor Schluss als Solist unterwegs zu sein.

Während Backaert und Marcato bald eingeholt wurden, kämpfte der Pole verbissen gegen die Sprintzüge und hatte lange Zeit rund 45 Sekunden Vorsprung. Erst auf den letzten zehn Kilometern kam das Feld näher, doch auch drei Kilometer vor Schluss blieben Bodnar noch 15 Sekunden. Er erreichte die 1.000-Meter-Marke noch als Solist, sah hinter sich aber die Sprinter näherkommen und wurde schließlich auf den letzten 300 Metern überspurtet.

Dimension Data hatte am Ende der Kämpfe zwischen den Sprintzügen die Oberhand gewonnen und führte das Feld auf den Schlusskilometer, wo dann Kittel-Anfahrer Fabio Sabatini schließlich vor Boasson Hagen den Endspurt anzog, während sein Kapitän noch an etwa zehnter Stelle saß. Boasson Hagen sprintete am rechten Straßenrand von vorne und konnte sich des Angriffs von Matthews an der rechten Bande erfolgreich erwehren. Doch gegen Kittels enorme Endgeschwindigkeit auf der linken Straßenseite konnte der Norweger nichts machen, und so zog der Deutsche auf den letzten 50 Metern vorbei und rauschte mit deutlichem Vorsprung zum Sieg.

Mehr Informationen zu diesem Thema

20.07.2020Video-Rückblick: Matthews erobert das Grüne Trikot der Tour 2017

(rsn) - Als Michael Matthews (Sunweb) 2017 erstmals in seiner Karriere das Grüne Trikot der Tour de France eroberte, beendete er eine glanzvolle Frankreich-Rundfahrt, in deren Verlauf er auch zwei Et

01.07.2020Video-Rückblick: Valverdes Tour-Sturz von Düsseldorf

(rsn) - Vor genau drei Jahren stürzte Alejandro Valverde (Movistar) beim Auftakt der Tour de France in Düsseldorf im Zeitfahren auf regennasser Straße so schwer, dass dem Spanier sogar das Karriere

30.10.2019Düsseldorf muss Tour de France-Vertrag offenlegen

(rsn) - Die Stadt Düsseldorf muss den Vertrag, der zwischen der Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens und der französischen Amaury Sport Organisation im Zuge es Tour de France-Starts 2017 geschloss

06.12.2017Fall Sagan: Dimension Data kritisiert Vorgehensweise der UCI

(rsn) - Mark Cavendishs Dimension Data-Team fühlt sich bei der Entscheidungsfindung im Fall Sagan übergangen. Wie Manager Douglas Ryder in einer Pressemitteilung erklärte, sei man davon ausgegangen

05.12.2017Sagans Tour-Ausschluss beruhte auf einem Fehlurteil

(rsn) - Peter Sagans Disqualifikation nach der 4. Etappe der Tour de France war nicht Folge eines Fehlverhaltens des Weltmeisters, der in einem hart umkämpften Sprint in Vittel den Sturz seines Konku

13.11.2017Sagans Tour-Disqualifikation wird vor dem CAS verhandelt

(rsn) - Peter Sagans umstrittene Disqualifikation nach der 4. Etappe der Tour de France wird am 5. Dezember vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS verhandelt. Das geht aus CAS-Terminkalender her

06.09.2017Düsseldorf macht mit Grand Depart 7,8 Millionen Euro Verlust

Düsseldorf (dpa) - Die Stadt Düsseldorf hat mit dem Start der Tour de France 2017 einen Verlust von 7,8 Millionen Euro gemacht. Diese Zahl nannte Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) bei de

28.07.2017Denk: "Das Material gibt es ja, man muss es nur verwenden"

(rsn) - Ralph Denk hat mit Verwunderung auf die Forderung von Philippe Mariën, Chef der Jury der Tour de France, reagiert, künftig bei Radrennen auf den Video-Beweis zu setzen. Hintergrund ist der A

28.07.2017Barguil fährt lieber ohne Powermeter

(rsn) – Auch in diesem Jahr brodelt nach der Tour de France in Sachen Teamwechsel die Gerüchteküche, vor allem bei denjenigen Fahrern, deren Verträge auslaufen. Letzeres gilt zwar nicht für Warr

28.07.2017Martens: "Roglic und Groenewegen können Weltstars werden"

(rsn) - Paul Martens (LottoNL-Jumbo) hatte bei seiner dritten Tour de France allen Grund zum Jubeln. Sein Team kehrte mit zwei Etappensiegen durch Primoz Roglic und Dylan Groenewegen aus Frankreich zu

28.07.2017Jury-Chef der Tour fordert Video-Beweis für Sprints

(rsn) - Philippe Mariën, Chef der Jury der Tour de France, die Peter Sagan nach der 4. Etappe in einer heftig kritisierten Entscheidung wegen dessen vermeintlichem Ellbogencheck gegen Mark Cavendish

28.07.2017Dan Martin fuhr die Tour mit zwei gebrochenen Wirbeln zu Ende

(rsn) - Daniel Martin (Quick-Step Floors) hat sich bei seinem Sturz auf der 9. Etappe der Tour de France zwei Wirbel gebrochen. Die Verletzung allerdings wurde erst in dieser Woche bei einer Computert

Weitere Radsportnachrichten

15.11.2024Cavalli fährt künftig für dsm-firmenich – PostNL

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

15.11.2024Im Schatten von Behrens und Teutenberg voll überzeugt

(rsn) – Auch wenn er in seiner ersten U23-Saison im Schatten seiner Teamkollegen Niklas Behrens und Tim-Torn Teutenberg stand, die beide den Sprung zu den Profis schafften, kann Louis Leidert (Lidl

15.11.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

14.11.2024Bardet: “Sinnlos, an ethischen Radsport zu glauben“

(rsn) - Es war ein durchaus ungewöhnlicher Zeitpunkt, als Romain Bardet im Sommer, kurz vor der Tour de France, sein Karriereende ankündigte. Mindestens genauso ungewöhnlich ist das Rennen, das sei

14.11.2024Rhodos-Prolog-Experte mit Sturzpech im stärksten Rennen

(rsn) – Seine elfte Saison auf KT-Niveau ragt zwar nicht als seine beste heraus, dennoch zeigte Lukas Meiler (Team Vorarlberg) auch 2024, was er drauf hat. Seine beste Platzierung gelang ihm dabei

14.11.2024Schädlich übernimmt die deutschen Ausdauer-Spezialisten

(rsn) – Der Bund Deutscher Radfahrer hat einen neuen Nationaltrainer auf der Bahn für den Bereich Ausdauer. Lucas Schädlich, der seit 2019 die deutschen Juniorinnen unter seinen Fittichen hatte, Ã

14.11.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

14.11.2024Schär wird Schweizer Nationaltrainer

(rsn) – Marc Hirschi, Stefan Küng und Co. haben einen neuen Nationaltrainer. Michael Schär wird mit Jahresbeginn 2025 die Verantwortung für die Schweizer Männer in den Bereichen Elite und U23 ü

14.11.2024Lotto Kern - Haus wird Development-Team von Ineos Grenadiers

(rsn) – In den vergangenen beiden Jahren war das deutsche Kontinental-Team Lotto Kern - Haus PSD Bank sogenannter Development-Partner von Red Bull – Bora – hansgrohe. Ab der kommenden Saison wi

14.11.2024Meisen kündigt baldiges Karriereende an

(rsn) – “Spätestens im Januar ist Schluss“, kündigte Marcel Meisen (Stevens) gegenüber RSN an. Der 35-Jährige ist in seine letzte Cross-Saison gestartet und will diese nicht mehr ganz zu End

14.11.2024Traumszenario mit kurzem Anfangsschock

(rsn) – Unverhofft kommt oft – dieser Spruch traf in dieser Saison auch auf Meo Amann zu. Mit dem Elite-Team Embrace The World in die Saison gestartet, bewarb er sich im Sommer auf einen Platz bei

13.11.2024Auch ein kurioser erster UCI-Sieg reichte nicht zum Profivertrag

(rsn) – Auch wenn er in dieser Saison seinen ersten UCI-Sieg einfahren konnte, so gelang Roman Duckert (Storck – Metropol) am Ende seiner U23-Zeit nicht der Sprung in ein Profiteam. Deshalb wird e

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine