Tour-Debütant Rick Zabel im Interview

"Wir hatten einen guten Leadout, aber manchmal läuft´s halt nicht"

Foto zu dem Text "
Rick Zabel (Katusha-Alpecin) | Foto: Cor Vos

27.07.2017  |  (rsn) - Für Rick Zabel hätte das Tour-Debüt nicht schlechter beginnen können. Im Auftaktzeitfahren in Düsseldorf zog sich der Profi des Katusha-Alpecin-Teams zwei Bänderrisse in der Schulter zu. Doch der 23-Jährige kämpfte sich durch die für ihn harte erste Woche und wusste als Anfahrer von Alexander Kristoff zu überzeugen. Im Interview mit radsport-news.com spricht Zabel über die Bilanz seiner ersten Frankreich-Rundfahrt und erklärt, warum es für seine Mannschaft nicht zum angepeilten Etappensieg gereicht hat.

Wie fällt die Bilanz Ihres Tour-Debüts aus?
Rick Zabel: Zu allererst freut es mich natürlich riesig, dass ich es bis nach Paris geschafft habe. Das war jetzt meine dritte GrandTour und ich konnte alle drei durchfahren. Das ist schon eine schöne Sache. Die Tour war auf jeden Fall das größte und bedeutendste Radrennen, das ich jemals gefahren bin. Die Fan-, die Medienaufmerksamkeit - man war drei Wochen lang wie in einem großen Zirkus unterwegs. Es war ja für mich schon ein toller Erfolg, nominiert zu werden. Allein der Start in Düsseldorf war mega. Und ich denke, ich habe meinen Job in der Sprint-Vorbereitung immer sehr gut erledigt, von daher kann ich zufrieden sein.

Sie sind gleich zum Auftakt in Düsseldorf gestützt. Wie sehr haben Sie die Verletzungen behindert?
Zabel: Um ehrlich zu sein, war es gar nicht so schlimm. Natürlich hatte ich an den ersten drei, vier Tagen schon Schmerzen, aber dann ging es eigentlich. Ich habe zwar gemerkt, dass die Schulter nicht so stabil und belastbar war, wie es sein sollte. Aber weil ich den Lenker in der Hand hatte, war das wie ein "Gegenstück zum Anfassen“ und deshalb ging das eigentlich. Ich habe am Dienstag in Münster noch ein MRT machen lassen, da hat man gesehen, dass tatsächlich zwei Bänder gerissen waren. Zum Glück ist das alles gut verheilt, so dass ich nicht operiert werden muss. Ich kann also die Schulter normal ausheilen lassen und sollte dann auch keine Probleme mehr haben.

Haben Sie je daran gedacht aufzugeben?
Zabel: Natürlich kommt einem der Gedanke immer mal so heimlich, still und leise, wenn es gar nicht läuft, aber wir Radsportler sind dafür bekannt, dass wir Kämpfer sind und deshalb hatte ich immer nur einen Plan A in meinem Kopf. Und der war, bis nach Paris zu fahren.

Katusha-Alpecin kann mit der sportlichen Bilanz nicht zufrieden sein. Woran lag es aus Ihrer Sicht, dass das Team den angestrebten Etappensieg nicht einfahren konnte?
Zabel: Dass wir nicht zufrieden sein können, stimmt zu 100 Prozent - das große Ziel Etappensieg hat nicht geklappt. Woran es lag? Manchmal läuft es einfach nicht. Es ist wichtig, dass man gleich am Anfang schnell was Zählbares einfährt und danach läuft es eigentlich ganz gut. Das hat nicht geklappt. Tony Martin war sehr stark und zwei Mal Vierter im Zeitfahren. Für den Sprint hatten wir Alexander Kristoff dabei. Man kann nicht sagen, dass Alex schlecht war. Er war nie weit vom Sieg entfernt. Und ich denke, dass wir über die Tour gesehen als Leadout gut funktioniert haben, wie etwa auch Lotto Soudal.

Über die drei Wochen gesehen waren wir sogar das Team, das am meisten auf die Kette bekommen haben, was das Anfahren angeht. Aber leider konnte Alex das nicht vollenden. Aber das muss man auch ehrlich sein und eingestehen, dass etwa ein Kittel in überragender Form war. Und auf der Schlussetappe waren eben auch ein Dylan Groenewegen und ein André Greipel einfach schneller. Da kann auch der beste Leadout nichts dran ändern.

Ihr bestes Ergebnis ist ein 12. Platz auf der 7. Etappe. Spielt das für Sie eine Rolle - hatten Sie sich zum Ziel gesetzt, auch mal unter die Top Ten zu fahren?
Zabel: Ich war als Anfahrer eingeteilt, Kristoff war Sprintkapitän, deshalb war mir von Anfang an klar, dass , wenn es normal laufen sollte, ich nicht da sein würde, um die großen Ergebnisse einzufahren, sondern um meinen Job in der Sprintvorbereitung zu machen. Das habe ich auch ganz gut erledigt. Platz zwölf und einmal noch Rang 15 waren herausgesprungen, nachdem ich den Sprintvorbereitet hatte und danach ins Ziel gerollt bin. Deshalb denke ich, dass auch zwei, drei Mal ein Top-Ten-Ergebnis hätte herausspringen können, was auch schön gewesen wäre. Aber es zählt im Großen und Ganzen nur ein Tour-Etappensieg und da kann sich mein Team auch nicht viel davon kaufen, wenn ich mal Sechster werde. Unser Ziel war ja ganz klar, dass Alex eine Etappe gewinnen sollte.

Sie hatten in der Saison schon öfters gezeigt, dass in den Sprints mit Ihnen zu rechnen ist. Gab es bei dieser Tour keine Möglichkeit, auch mal auf eigene Rechnung zu sprinten?
Zabel: Auf der Etappe 19 war der Plan, dass für mich gesprintet werden sollte, nachdem Alex zuvor ja gestürzt war. Aber an dem Tag gewinnt halt Edvald Boasson Hagen aus der Ausreißergruppe heraus, weshalb es gar nicht zum Sprint kam. Aber so läuft‘s halt in der Tour: Von zehn Sprints fährst du acht als Anfahrer und die beiden Male, wo man eine Chance bekommt, kommt die Gruppe durch oder man hat halt einen schlechten Tag.

Kristoff hat fünf Top-5-Ergebnisse eingefahren, aber keinen Sieg. War er diesmal einfach nicht in der nötigen Form? Oder spielte die leise Kritik an ihm, die aus dem Team zu vernehmen war eventuell auch eine negative Rolle?
Zabel: Ob es ihn belastet hat, kann ich nicht beantworten. Ich denke aber, dass da auch eine gewisse Spannung von außen reingebracht wird, die wir intern gar nicht so wahrnehmen. Wenn es eine solche Spannung gäbe, würden wir ja nicht Tag für Tag für Alex fahren und ihm die Sprints anziehen.

Kristoff wird offenbar das Team verlassen. Wird das Ihre Chancen erhöhen, ab 2018 die Rolle als Sprintkapitän zu übernehmen?
Zabel: Die Frage kann ich nicht beantworten, da ich ja nicht weiß, ob Alex wirklich das Team verlässt. Das wird in den Medien geschrieben, aber ich warte mal ab, ob das wirklich bestätigt wird.

Marcel Kittel scheint bei Quick-Step auf dem Absprung zu sein und zwar in Richtung Katusha-Alpecin…als Ersatz für Kristoff?
Zabel: Auch dazu kann ich nichts sagen - es gibt es bisher ja nur Gerüchte. Ich kann nur über mich reden, und da kann ich nur sagen, dass ich in den Sprints gerade vom letzten zu diesem Jahr einen Sprung gemacht habe und selber auch Ergebnisse einfahren konnte und auch in der Sprintvorbereitung. Daran muss ich weiter arbeiten, dass ich das in Zukunft noch besser mache.

Würden Sie einen Wechsel von Marcel Kittel begrüßen?
Kittel: Ich weiß wie gesagt noch nicht, ob es wirklich dazu kommen wird, aber ich müsste lügen, würde ich sagen, dass es für mich keine Ehre wäre, Marcel Kittel hinter mir zu haben und ihm den Sprint vorzubereiten. Das wäre eine schöne Sache, aber ich will mich hier nicht an Spekulationen beteiligen.

Welche Rennen stehen in dieser Saison noch an und was haben Sie sich dafür vorgenommen?
Zabel: Derzeit fahre ich noch einige Nach-Tour-Kriterien, am Sonntag bin ich in London beim Prudential Ride im Einsatz, danach folgt als noch einzige Rundfahrt in diesem Jahr die BinckBank Tour, dann Hamburg und wohl noch die beiden WorldTour-Rennen in Kanada und hoffentlich noch die WM. In den Kader berufen zu werden, und etwa für einen John Degenkolb eine gute Arbeit zu machen, wäre schön. Und ich will bei all diesen Rennen an die gute Saison anknüpfen, die ich bisher schon hatte. Das ist mein größtes Ziel.

Mehr Informationen zu diesem Thema

20.07.2020Video-Rückblick: Matthews erobert das Grüne Trikot der Tour 2017

(rsn) - Als Michael Matthews (Sunweb) 2017 erstmals in seiner Karriere das Grüne Trikot der Tour de France eroberte, beendete er eine glanzvolle Frankreich-Rundfahrt, in deren Verlauf er auch zwei Et

01.07.2020Video-Rückblick: Valverdes Tour-Sturz von Düsseldorf

(rsn) - Vor genau drei Jahren stürzte Alejandro Valverde (Movistar) beim Auftakt der Tour de France in Düsseldorf im Zeitfahren auf regennasser Straße so schwer, dass dem Spanier sogar das Karriere

30.10.2019Düsseldorf muss Tour de France-Vertrag offenlegen

(rsn) - Die Stadt Düsseldorf muss den Vertrag, der zwischen der Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens und der französischen Amaury Sport Organisation im Zuge es Tour de France-Starts 2017 geschloss

06.12.2017Fall Sagan: Dimension Data kritisiert Vorgehensweise der UCI

(rsn) - Mark Cavendishs Dimension Data-Team fühlt sich bei der Entscheidungsfindung im Fall Sagan übergangen. Wie Manager Douglas Ryder in einer Pressemitteilung erklärte, sei man davon ausgegangen

05.12.2017Sagans Tour-Ausschluss beruhte auf einem Fehlurteil

(rsn) - Peter Sagans Disqualifikation nach der 4. Etappe der Tour de France war nicht Folge eines Fehlverhaltens des Weltmeisters, der in einem hart umkämpften Sprint in Vittel den Sturz seines Konku

13.11.2017Sagans Tour-Disqualifikation wird vor dem CAS verhandelt

(rsn) - Peter Sagans umstrittene Disqualifikation nach der 4. Etappe der Tour de France wird am 5. Dezember vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS verhandelt. Das geht aus CAS-Terminkalender her

06.09.2017Düsseldorf macht mit Grand Depart 7,8 Millionen Euro Verlust

Düsseldorf (dpa) - Die Stadt Düsseldorf hat mit dem Start der Tour de France 2017 einen Verlust von 7,8 Millionen Euro gemacht. Diese Zahl nannte Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) bei de

28.07.2017Denk: "Das Material gibt es ja, man muss es nur verwenden"

(rsn) - Ralph Denk hat mit Verwunderung auf die Forderung von Philippe Mariën, Chef der Jury der Tour de France, reagiert, künftig bei Radrennen auf den Video-Beweis zu setzen. Hintergrund ist der A

28.07.2017Barguil fährt lieber ohne Powermeter

(rsn) – Auch in diesem Jahr brodelt nach der Tour de France in Sachen Teamwechsel die Gerüchteküche, vor allem bei denjenigen Fahrern, deren Verträge auslaufen. Letzeres gilt zwar nicht für Warr

28.07.2017Martens: "Roglic und Groenewegen können Weltstars werden"

(rsn) - Paul Martens (LottoNL-Jumbo) hatte bei seiner dritten Tour de France allen Grund zum Jubeln. Sein Team kehrte mit zwei Etappensiegen durch Primoz Roglic und Dylan Groenewegen aus Frankreich zu

28.07.2017Jury-Chef der Tour fordert Video-Beweis für Sprints

(rsn) - Philippe Mariën, Chef der Jury der Tour de France, die Peter Sagan nach der 4. Etappe in einer heftig kritisierten Entscheidung wegen dessen vermeintlichem Ellbogencheck gegen Mark Cavendish

28.07.2017Dan Martin fuhr die Tour mit zwei gebrochenen Wirbeln zu Ende

(rsn) - Daniel Martin (Quick-Step Floors) hat sich bei seinem Sturz auf der 9. Etappe der Tour de France zwei Wirbel gebrochen. Die Verletzung allerdings wurde erst in dieser Woche bei einer Computert

Weitere Radsportnachrichten

21.12.2024Schöne Highlights und ein sehr starker August

(rsn) – 22 Jahre ist Fabio Christen (Q36.5 Pro Cycling) alt, und der Schweizer kommt aus einer wahren Radsportfamilie. Schon sein Großvater gehörte zu den besten Straßensportlern und auch sein Va

21.12.2024Red-Bull-Sportchef Aldag über die Transfers von Lazkano und Co.

(rsn) – Es war abzusehen, dass Red Bull – Bora – hansgrohe auch in diesem Winter wieder allerhand Veränderungen am Kader für die neue Saison vornehmen würde. Neun Profis stoßen 2025 zum Team

21.12.2024Vandeputte mit Start-Ziel-Sieg zum ersten Weltcuperfolg

(rsn) – Dank einer technischen Glanzleistung hat Niels Vandeputte (Alpecin – Deceuninck) in Hulst nicht nur einen Start-Ziel-Sieg, sondern auch seinen ersten Weltcup-Erfolg gefeiert. Der Belgier w

21.12.2024Schreiber startet am schnellsten und bleibt bis zum Schluss vorn

(rsn) – Schnellstarterin Marie Schreiber (SD Worx – Protime) hat den Cross-Weltcup in Hulst mit einem Start-Ziel-Sieg für sich entschieden. Lucinda Brand (Baloise – Trek Lions) baute als Zweite

21.12.2024Knolle, Groß, John und Zemke zu rad-net - Rembe - Sauerland

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

21.12.2024Vom Niemandsland nach Alpe d’Huez in wenigen Monaten

(rsn) – Als Ruderin stand Valentina Cavallar schon bei den Olympischen Spielen am Start und ihr Einstieg in den Radsport kam dann doch sehr überraschend. Erst im April fand sie einen Platz bei der

21.12.2024“Riesige Erleichterung“: Auf dem Weg zurück zu alter Stärke

(rsn) – Er war noch nicht ganz wieder der Alte, doch nach zwei krankheitsbedingt schwarzen Saisons hat Maximilian Schachmann 2024 endlich erneut aufblitzen lassen können, wozu er fähig ist. Das ge

21.12.2024Van Empel muss Cross-Wochenende auslassen

(rsn) - Wegen eines Trainingssturzes muss Weltmeisterin Fem van Empel (Visma – Lease a Bike) die beiden Cross-Weltcups in Hulst und Zonhoven an diesem Wochenende auslassen. Wie die Niederländerin a

21.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

20.12.2024Meisterschaftsdoppel versöhnte nach Olympia-Enttäuschung

(rsn) – Die Olympischen Spiele in Paris hatten die Österreicherin Anna Kiesenhofer (Roland) wieder in den Fokus der medialen Aufmerksamkeit zurückgeholt. Immer wieder wurde ihre Sensationsfahrt v

20.12.2024Van Aert kehrt in Mol zu seiner ersten Liebe zurück

(rsn) - Viel Zeit zur Vorbereitung konnte sich Wout van Aert (30) nicht gönnen. Nach nur drei Tagen im Cross-Training will der Belgier am Montag beim Superprestige in Mol starten. Der Cross-Vizeweltm

20.12.2024Van Schip wegen Drohungen und Beleidigungen gesperrt

(rsn) - Wegen "Beleidigungen, Drohungen und unangemessenem Verhalten“ bei der Bahn-WM in Ballerup (Dänemark) hat die UCI den Niederländer Jan-Willem van Schip vom 27. Dezember 2024 bis zum 1. Febr

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine