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24.10.2019 | (rsn) – Ein Auslandsstart in Ungarn und eine Durchquerung des Landes von der Zehenspitze des italienischen Stiefels bis hin zum obersten Rand. So könnte man kurz die Topographie des 103. Giro d’Italia, die am 24. Oktober in Mailand präsentiert wurde, zusammenfassen. Schon am fünften Tag wartet die erste Bergankunft, entschieden wird die Italien-Rundfahrt aber wieder einmal in der letzten Wochen im hochalpinen Terrain.
Ungarn ist das elfte Land, das einen Auslandsstart der Italien-Rundfahrt austrägt. Damit behält auch die erste GrandTour des Radsportjahres an ihrem Zweijahresrhythmus bei, den sie seit dem Auftakt 2010 in Amsterdam eingeführt hat. Seitdem wechselt der Giro zwischen einem italienischen Startort und einem außerhalb der Landesgrenzen.
8,6 Kilometer lang ist das Zeitfahren der 1. Etappe, und damit wird schon wie 2018 in Jerusalem und 2019 in Bologna das erste Rosa Trikot im Kampf gegen die Uhr vergeben. Und ähnlich wie in diesem Jahr müssen die Zeitfahrspezialisten am Ende auch berghoch. Denn die finalen 1,3 Kilometer des Auftakts durch die ungarische Hauptstadt geht es hinauf ins Burgviertel wo vor der malerischen Kulisse der Matthiaskirche und der Fischerbastei der erste Tag endet. 60 Höhenmeter sind dabei zu erklimmen.
Die 2. Etappe ist auf Superstar Peter Sagan (Bora - hansgrohe) zugeschnitten, liegt der Zielort Györ, der nach 195 Kilometer erreicht wird, doch direkt an der Grenze zu Sagans slowakischer Heimat. Und auch die österreichischen Radfans könnten sich auf den Weg machen in die sechstgrößte Stadt Ungarns, denn der Grenzübergang Nickelsdorf liegt gerade einmal 40 Minuten entfernt. Der flache Abschnitt verläuft durch die ungarische Tiefebene und die zwei kleinen Bergwertungen, die zwischendurch zu absolvieren sind, dürften die Sprintspezialisten nicht vor Probleme stellen.
Bretteben geht es auch auf der 3. Etappe zu. Von Szekesfehervar aus verläuft die Strecke südlich entlang des Balatons nach Nagykanizsa in der Nähe der kroatischen Grenze. Nach den 204 Kilometern, die ebenfalls mit einem Massensprint enden sollten, wartet noch eine längere Flugreise auf das Fahrerfeld. Denn der nächste Tag startet in Sizilien, gut 1.000 Kilometer südlicher. Von Monreale bei Palermo aus führen 136 Kilometer quer durch die Insel nach Agrigent, wo ein 3,8 Kilometer langer Anstieg hinauf zum Concordia-Tempel wartet. Sollte sich einer der Sprintspezialisten in Ungarn das Rosa Trikot gesichert haben, so wird er es wohl schon am ersten Sizilientag verlieren.
Erste Bergankunft am Vulkan
Die 5. Etappe führt von Enna in Richtung Catania und abschließend auf dem Ätna hinauf. Die Ankunft unterscheidet sich aber von jener vor zwei Jahren, ging es damals doch zum Observatorium auf der Südseite des Vulkankegels hinauf. Nun aber führt der Schlussanstieg auf das Piano Provenzana im Norden. Nach einer hügeligen Anfahrt geht es nach 131,3 Kilometern in das bergige Finale, ehe 18,2 Kilometer und 1.235 Höhenmeter später die erste Bergankunft auf 1.775 Metern erreicht wird.
Auch Sizilien, welches 2021 den Grande Partenza ausrichtet, bekommt drei Tage und somit führt die 6. Etappe von Catania nach Villafranca Tirrena in der Nähe der Hafenstadt Messina. 138 Kilometer ist der Abschnitt lang und zur Mitte wartet der 22-Kilometer-lange Anstieg zum Portella Mandrazzi, der den Ausreißern eine große Chance bieten könnte und wohl für viele der Sprinter zum Verhängnis werden wird. Nach der langen Abfahrt geht es aber flach bis zum Ziel, wo eine größere Gruppe um den Tagessieg kämpfen sollte.
Vom italienischen Stiefel aus werden die Profis nun in Richtung Norden geschickt. Mit einem wahren Klassikerabschnitt durch Kalabrien wartet die 7. Etappe auf. Von Mileto aus geht es lange über hügeliges Terrain, ehe am Ende der 223 Kilometer erneut die Klassementfahrer gefragt sind, und zwar im 26,1 Kilometer langen Anstieg auf den Valico di Montescuro. Vom Gipfel aus führt eine kurze Abfahrt über knapp 10 Kilometer ins Tagesziel nach Camigliatello Silano.
Entspannter hingegen ist der achte Giro-Tag. 216 Kilometer warten von Castrovillari in die apulische Hafenstadt Brindisi, es ist die dritte Etappe, die den Sprintern bei der 103. Austragung entgegenkommen wird. Der letzte Abschnitt vor dem ersten Ruhetag führt das Fahrerfeld dann von Giovinazzo nach Vieste. Während die ersten 100 der 198 Kilometer flach sind, beginnt dann ein hügeliges Finale, dass an einen Klassiker erinnert. Entlang der Adriaküste geht es am Ende um den Gargano, ehe das ehemalige Fischerdorf und jetzige Windsurfmekka erreicht wird.
Der erste Ruhetag wird in San Salvo in Chieti abgehalten. Die 10. Etappe führt der Adriaküste entlang weiter nördlich und endet nach 212 Kilometern in Tortoreto Lido. Wer aber einen beschaulichen Sprint im Badeort vermutet, liegt falsch, denn nach der ersten Zieldurchfahrt 60 Kilometer vor dem Tagesende folt ein hügeliger Rundkurs, bei dem noch drei Bergwertungen zu absolvieren sind.
Hommage an Pantani, Nove Colli, Prosecco und die Flieger
Der elfte Tag der Italien-Rundfahrt dürfte wieder die Sprinter erfreuen, geht es doch von Porto Sant’Elpidio über 182 flache Kilometer nach Rimini. Und dort verübelt keine hügelige Schlussrunde ein schnelles Finale. Nicht unweit des Zielortes liegt Cesenatico, die Heimatstadt von Marco Pantani und gern gesehener Trainingsort vieler Radfahrer. Aber nicht nur dem Girosieger von 1998 wird Tribut gezollt auf der 12. Etappe, sondern auch dem Jedermann-Rennen Nove Colli, das wenige Tage zuvor in der Region zum 50. Mal ausgetragen wird. Vier Sterne vergibt Veranstalter RCS für die Etappe, die über viele kleine Hügel führt, auf denen das Feld viele Höhenmeter sammelt.
Der 13. Abschnitt stellt die wohl vorletzte Chance für die Sprinter dar. 190 Kilometer geht es flach von Cervia nach Monselice. Am Ende warten noch zwei kleinere Bergwertungen, die aber kein großes Problem für die schnellen Männer sein sollten. Vielleicht ist es aber angesichts der noch anstehenden Tage auch die Abschiedsvorstellung für viele Sprinter, die sich in den Alpen nicht mehr wohl fühlen oder sich auf die Frankreich-Rundfahrt vorbereiten werden.
Denn ab der 14. Etappe wird es prickelnd im Kampf um die Gesamtwertung. Das zweite Einzelzeitfahren führt durch die Weinberge der Prosecco-Region um Valdobbiadene. 33,7 Kilometer sind auf einem hügeligen Parcours zu absolvieren bevor es endgültig in die Alpenregion im Norden Italiens geht.
Vom Flugfeld der Frecce Tricolori, der Kunststaffel des italienischen Heeres, geht es ab der 15. Etappe in das bergige Finale des 103. Giro. Vor dem letzten Ruhetag in der Friaul wartet die Bergankunft in Piancavallo. Kehren mit Steigungen von bis zu 14 Prozent gilt es zu bewältigen. Zweimal schon war dieser Anstieg Ziel einer Etappe der Italien-Rundfahrt. 1998 siegte Marco Pantani, 2017 gewann Mikel Landa.
Die finale Woche beginnt mit einem Rundstreckenrennen. Von Udine aus führt die Route in mehreren Schleifen durch die Friaul, ehe in San Daniele di Friuli dreimal eine hügelige Runde um den Zielort befahren wird. Jeweils 285 Höhenmeter bietet der Monte di Ragogna und weißt dabei Steigungen von bis zu 16 Prozent auf.
Das Hochgebirge wird dann auf der 17. Etappe erreicht. Von Bassano del Grappa aus geht es über den Forcella Valbona (1.782m), den Monte Bondone (1.572m) und den Passo Durone (1.020m), ehe die Bergankunft in Madonna di Campiglio (1.514m) wartet. Dass dieser Tag nur ein Vorspiel auf die im Kampf um die Gesamtwertung entscheidenden Etappen sein wird, zeigt die Schwierigkeit der finalen Giro-Woche.
Stilfserjoch, Agnello, Izoard und zwei schwere Bergankünfte
Denn auf der 18. Etappe erreicht der Giro seinen höchsten Punkt auf dem 209 Kilometer langen Abschnitt von Pinzolo zu den Cancano-Seen oberhalb von Bormio. Zu Beginn geht es auf den Campo Carlo Magno (1.681m), also erneut den Anstieg nach Madonna di Campiglio hoch. Es folgt das Hofmandjoch (1.704m), ehe es durch das Vinschgau hinauf auf das Stilfserjoch geht. Mit 2.758 Metern ist es der höchste Pass im Streckenplan 2020. Nach der Abfahrt nach Bormio wartet ein weiteres Highlight. In engen, schnell aufeinanderfolgenden Kehren führt die Strecke hinauf zu den Laghi di Cancano. Am Ende wartet dann sogar noch eine Schotterstraße, die im letzten Jahr Schauplatz der Königsetappe des Giro Rosa, der Italien-Rundfahrt der Frauen, war.
Zur Vervollständigung des Routenplans fehlen noch drei Etappen: die längste, die schwerste und das letzte Einzelzeitfahren. So ähnlich muss das Gedankenspiel von Giro-Boss Mauro Vegni wohl gewesen sein bei der Planung. Die drittletzte Etappe führt über 251 Kilometer von Morbegno nach Asti. Sie kommt sogar ohne Bergwertung aus. Ob der Tag ein Fall für die Sprinter werden könnte, entscheidet sich wohl auch an jener Frage, ob dann überhaupt noch welche im Feld sind.
Der 20. Abschnitt ist dann als Königsetappe vorgesehen. Die Etappe führt über 200 Kilometer von Alba aus nach Frankreich. Dort geht es über den Colle dell’Agnello (2.744m) und den Col d’Izoard (2.360m). Die italienische Grenze wird am Montgenevre (1.854m) überquert und am Ende wartet noch der Schlussanstieg nach Sestrieres (2.035m). Ein langer und harter Tag in den Westalpen!
Zum 78. Mal endet der Giro d’Italia am Tag darauf am Domplatz in Mailand. 16,5 Kilometer warten in der lombardischen Hauptstadt noch, ehe die 103. Austragung Geschichte ist. Doch schon oft genug entschieden sich hier noch die Gesamtwertungen, da vor allem die Kletterspezialisten im Kampf gegen die Uhr oft ihre Probleme hatten.
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