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12.05.2020 | (rsn) – Die 4. Etappe des Giro d’Italia 2011 war auf dem Papier den Sprintern vorbehalten. Auf 216 Kilometern zwischen Genua und Livorno entlang der Tyrrhenischen Küste gab es nur überschaubare topografische Hürden zu überwinden, die den schnellen Männern Sorgen hätten bereiten können. Doch der 10. Mai 2011 wurde zu einer Trauerfahrt.
Tags zuvor war der Belgier Wouter Weylandt (Leopard - Trek) in der Abfahrt vom Passo del Bocco so schwer gestürzt, dass der 26-Jährige noch an der Unfallstelle rund 25 Kilometer vor dem Ziel verstarb. Ein Jahr zuvor hatte Weylandt auf der damaligen 3. Etappe noch einen Sieg gefeiert. "Es war sehr, sehr schwer damit umzugehen", beschrieb Weylandts Teamkollege Thomas Rohregger rund vier Wochen nach der Tragödie das Drama. "Wir haben zusammen geweint und geredet."
Das Peloton entschloss sich am folgenden Tag, den verstorbenen Kollegen mit einer geschlossenen Gedenkfahrt in Richtung Livorno zu ehren. In umgekehrter Reihenfolge des Mannschaftsklassements absolvierte jedes der 23 Teams rund zehn Kilometer an der Spitze des Feldes, ehe Weylandts Team um Rohregger sowie seinem besten Freund Tyler Farrar (Garmin - Cervelo) über die Ziellinie rollten.
Anschließend stiegen die verbliebenen acht Profis von Leopard - Trek aus dem Giro aus. "Unter diesen Umständen können wir das Rennen einfach nicht fortsetzen“, sagte Leopard-Kapitän Fabian Wegmann damals in einer Pressemitteilung. "Wir sind zwar Profis, aber wir haben das Gefühl, dass es richtig ist, was wir tun."
"Wir hatten wirklich gute Leute vor Ort", meinte Rohregger. "Wir sind ganz bewusst nicht sofort abgereist, sondern noch gemeinsam in Italien geblieben. Erfahrungen, wie sie etwa unser Teamarzt in Kriegsgebieten gesammelt hat, waren sehr hilfreich. Jeder von uns hat seine eigene Geschichte erlebt, und wir saßen in einem großen Raum zusammen, wo jeder seine Erlebnisse geschildert hat. Durch die gemeinsame Aussprache konnten wir mit der Tragödie abschließen. Das war besser als ins heimische Nest zu flüchten und dort von den Gedanken eingeholt zu werden."
Auch wenn der Giro auf der 5. Etappe 2011 schnell wieder zur sportlichen Normalität zurückkehrte: Der Tod von Weylandt überschattete das Rennen und sorgte dafür, dass der weitere Streckenverlauf der Italien-Rundfahrt kritisch beäugt wurde. So mussten die Organisatoren nach langem Hin und Her die Abfahrt vom Monte Crostis aus dem Programm streichen, die man zuvor noch mit Ski-Netzen absichern wollte.
Am Jahresende wurde der umstrittene Renndirektor Angelo Zomegnan, der den Giro zu immer neuen Rekordmarken führen wollte, durch Michele Acquarone ersetzt. Beim Giro 2012, der in Dänemark begann, wurde die 3. Etappe unter dem Namen “WW Special Day“ dem Verstorbenen gewidmet. Zudem wird seitdem die Startnummer 108, die Weylandt 2011 trug, nicht mehr vergeben.
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