Guerreiro gewinnt 9. Giro-Etappe, Almeida bleibt vorn

Auch ohne Sonne ein portugiesischer Tag in den Abruzzen

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Ruben Guerreiro (EF) bejubelt seinen Sieg auf der 9. Giro-Etappe. | Foto: Cor Vos

11.10.2020  |  (rsn) - Am Ende eines verregneten Giro-Tages in den Abruzzen konnten zwei Portugiesen strahlen. Ruben Guerreiro (EF) sicherte sich als Ausreißer den Sieg auf der 9. Etappe vor dem Spanier Jonathan Castroviejo (Ineos Grenadiers / +0:08) und dem Dänen Mikkel Bjerg (UAE - Team Emirates / +0:58). Sein Landsmann Joao Almeida (Deceuninck - Quick-Step) verteidigte zum sechsten Mal sein Rosa Trikot und geht als Spitzenreiter in den morgigen ersten Ruhetag der 103. Italien-Rundfahrt.

Zwar konnte der 22-jährige GrandTour-Debütant auf den extrem steilen letzten Metern des 208 Kilometer langen Teilstücks von San Salvo zur Bergankunft in Roccaraso auf 1.658 Metern dem Tempo der auseinanderfallenden Favoritengruppe nicht mehr folgen und büßte als Neunzehnter nicht nur 1:56 Minuten auf den Etappengewinner ein, sondern auch wertvolle Zeit gegenüber seinen schärfsten Gegnern.

Almeidas Vorsprung gegenüber dem neuen Gesamtzweiten Wilco Kelderman (Sunweb) - auf Rang acht bester der Favoriten - beträgt aber noch 30 Sekunden, weitere neun Sekunden dahinter folgt der Spanier Pello Bilbao (Bahrain - McLaren / +0:39), der vom zweiten auf den dritten Rang zurück fiel.

Breschel: "Guerreiro wie ein Champion"

“Nach so vielen zweiten Plätzen ist das letztlich eine große Genugtuung. Das Team und ich haben diesen Sieg wohlverdient. Es war sehr schwer, heute in die Gruppe des Tages zu kommen und dieser Sieg ist was ganz Außergewöhnliches“, sagte der 26-jährige Guerreiro nach seinem zweiten Erfolg als Profi und dem ersten im EF-Trikot.

Den hatte er sich clever erarbeitet, als er im strömenden Regen Castroviejos Attacke auf den letzten sechs Kilometern zwar folgte, aber danach den 33-jährigen Spanier die Führungsarbeit verrichten ließ. Erst auf den letzten 200 Metern des bis zu zwölf Prozent steilen Schlusskilometers trat der Portugiesische Meister von 2017 an und ließ seinen Konkurrenten deutlich hinter sich.

"Ich kann noch gar nicht glauben, was gerade passiert ist, Ruben Guerreiro ist heute wie ein Champion gefahren. Das war eine starke Gruppe, er wollte unbedingt dabei sein und er ist ein perfektes Finale gefahren. Das ist ein toller Tag für uns“, kommentierte Sportdirektor Matti Breschel den zweiten Giro-Etappenerfolg seiner Mannschaft, nachdem der Ecuadorianer Jonathan Caicedo bereits am dritten Tag die Bergankunft am Ätna für sich hatte entscheiden können.

Almeida leidet, verteidigt aber das Rosa Trikot

Zudem übernahm Guerreiro das Bergtrikot vom Italiener Filippo Ganna (Ineos Grenadiers) und führt die Wertung des besten Kletterers nun mit zwölf Punkten Vorsprung auf Giovanni Visconti (Vini Zabù-Brado-KTM) an. Der Italiener gewann aus der Gruppe des Tages heraus die ersten beiden der vier Bergpreise des Tages, konnte im Finale aber dem Tempo nicht mehr folgen.

Ebenfalls erst an der letzten Rampe zeigten sich die Favoriten, wobei Kelderman und der Däne Jakob Fuglsang (Astana) den stärksten Eindruck hinterließen und ihren Gegnern einige Sekunden abnahmen: dem Bora-hansgrohe-Duo Patrick Konrad und Rafal Majka jeweils drei, den Italienern Domenico Pozzovivo (NTT) und Vincenzo Nibali (Trek - Segafredo) sechs respektive 14, Almeida 18 und Belgier Harm Vanhoucke (Lotto Soudal) sowie dem Niederländer Steven Kruijswijk (Jumbo - Visma) sogar je 21.

Damit fiel der 33-jährige Kruijswijk aus den Top Ten der Gesamtwertung, in der sich Konrad um eine Position auf den achten Platz verbesserte. “Rafal und ich können mit unserem Tag sehr zufrieden sein“, sagte der Österreicher, der seinen Rückstand gegenüber dem Rosa Trikot auf 1:11 Minuten reduzieren konnte. Majka behauptete Platz zehn (+1:17), Konrads Landsmann Hermann Pernsteiner (Bahrain - McLaren / +1:48) folgt auf Rang 13.

“Ich hatte heute mit dem Schlimmsten gerechnet, einschließlich des Verlusts der Maglia Rosa. Ich habe viel gelitten, aber ich habe für meine Teamkollegen gekämpft, weil sie heute wieder einen großartigen Job für mich gemacht haben“, sagte Almeida, nachdem er sich mit letzter Kraft ins Ziel gekämpft und nicht nur das Rosa Trikot, sondern auch das Weiße des besten Nachwuchsfahrers ein weiteres Mal behauptet hatte.

So lief das Rennen:

Auf dem Weg in die Berge des Apennin ließ das Feld auf den ersten flachen 60 Kilometern bei hohem Tempo keine Gruppe ziehen. Noch bevor die ersten der mehr als 4.000 Höhenmeter des Tages in Angriff genommen wurden, gelang es Guerreiro, Castroviejo, Eduardo Sepulveda (Movistar) und Ben O'Connor (NTT) nach gut 70 Kilometern dann aber doch, sich abzusetzen. Den kurz darauf folgenden ersten Zwischensprint holte sich Guerreiro, während aus dem Feld heraus Démare sich gegen Peter Sagan (Bora - hansgrohe) durchsetzte und seine Führung im Kamp um das Maglia Ciclamina um einen weiteren Zähler ausbaute. Kurz darauf schlossen noch Visconti, Larry Warbasse (AG2R La Mondiale), und der Schweizer Kilian Frankiny (Groupama - FDJ) zur Gruppe auf, die sich im nun folgenden Passo Lanciano einen Vorsprung von rund sieben Minuten erarbeiten konnten.

An der ersten von vier Bergwertungen des Tages sicherte sich der 37-jährige Visconti als Gewinner des Sprints 40 Punkte und übernahm virtuell das Blaue Trikot. In der Abfahrt schaffte der junge Bjerg nach einer imponierenden Aufholjagd tatsächlich noch den Anschluss, und das, obwohl er zwischenzeitlich durch einen Platten gestoppt worden war. Hinter den nunmehr acht Ausreißern hatte mittlerweile Nibali seine Helfer Jacopo Mosca und Giulio Ciccone an die Spitze des Feldes geschickt und dabei Unterstützung von Jumbo - Visma und Almeidas Helfern erhalten.

Mittlerweile einsetzender Regen und sinkende Temperaturen in den Abruzzen erschwerten den Profis am 14,4 Kilometer langen Passo San Leonardo die Arbeit. Hier baute die Spitzengruppe ihren zwischenzeitlich auf 5:30 Minuten geschrumpften Vorsprung wieder auf fast sieben Minuten aus. Am Gipfel auf fast 1.300 Metern Höhe holte sich Visconti wieder die Maximalpunktzahl (18). Das mittlerweile nur noch von Deceuninck -Quick-Step kontrollierte Feld folgte mit rund 4:30 Minuten Rückstand.

Visconti kann sich nur kurz über das Bergtrikot freuen

Im nächsten Kategorie-2-Anstieg nach Bosco di Sant'Antonio sprengte Bjerg mit einem starken Antritt die Gruppe, nachdem er sich kurz zuvor in der Abfahrt noch versteuert hatte. Zunächst Castroviejo und dann auch Warbasse, Guerreiro und Frankiny konnten dem dreimaligen U23-Zeitfahrweltmeister folgen, wogegen Sepulveda, O’Connor und überraschenderweise auch Visconti zurückfielen. Das sollte den zweimaligen Giro-Etappensieger letztlich die Führung in der Bergwertung dann doch wieder kosten. Parallel dazu erhöhte im Feld Trek - Segafredo ein weiteres Mal das Tempo, so dass der Rückstand an der Bergwertung, wo Guerreiro die Maximalpunktzahl einfuhr, auf nur noch 3:30 Minuten geschrumpft war.

Danach überließen Nibalis Helfer aber wieder Deceuninck - Quick-Step das Terrain, woraufhin der Abstand bis zum Fuß des rund zehn Kilometer langen Schlussanstiegs wieder auf vier Minuten gegenüber dem nur noch rund 50 Fahrer starken Feld anstieg. Im nun strömenden Regen attackierten Castroviejo und Guerreiro auf den letzten sechs Kilometern ihre Begleiter und bauten ihren Vorsprung aus, wobei fast ausschließlich der mehrmalige Spanische Zeitfahrmeister für das Tempo sorgte, wogegen der EF-Neuzugang sich offensichtlich schonte.

Erst auf dem bis zu zwölf Prozent steilen Schlusskilometer zog Guerreiro aus dem Windschatten heraus und trat schließlich gegen den stur sein Tempo fahrenden Castroviejo an, der nur kurzzeitig dagegen halten konnte, um dann acht Sekunden hinter seinem Konkurrenten über die Ziellinie zu rollen.

Hinter den Ausreißern hielten die Favoriten ebenfalls bis in das extrem schwere Finale hinein die Beine still. Dann erst traten Kelderman und Fuglsang an und schüttelten die anderen Favoriten ab. Der Niederländer wurde mit 1:38 Minuten Rückstand auf Rang acht bester der Klassementfahrer, gefolgt vom zeitgleichen Dänen und seinem australischen Teamkollegen Jay Hindley. Drei Sekunden dahinter konnte die Bora-hansgrohe-Doppelspitze Konrad und Majka (beide +1:41) den Schaden nicht nur in engen Grenzen halten, sondern ihrerseits gegen die weiteren Konkurrenten Boden gutmachen, in erster Linie auf Nibali (16. / +1:52), Bilbao (17. /+ 1:52), Almeida (+1:56) sowie Vanhoucke und Kruijswijk (beide +1:59).

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