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17.05.2015 | (rsn) – John Degenkolb (Giant-Alpecin) hat sich zum Finale der 36. Bayern-Rundfahrt einen Herzenswunsch erfüllen können. Der im mittelfränkischen Weißenburg aufgewachsene Mailand-Sanremo und Paris-Roubaix-Gewinner entschied am Sonntag die abschließende 5. Etappe nach 198,7 Kilometern von Haßfurt nach Nürnberg für sich und erklärte danach, weshalb der Sieg auf dem Rundkurs in der Altstadt der fränkischen Metropole eine ganz besondere Bedeutung für ihn hat.
„Hier zu gewinnen ist ein absoluter Traum seit meiner Jugend. Ich bin hier schon als kleiner Stift gefahren und jetzt als Profi habe ich diese Etappe in Nürnberg gewonnen“, strahlte der 26-jährige Degenkolb nach seinem zweiten Tagessieg. „Dieser Erfolg macht mich überglücklich und wahnsinnig stolz. Auf diesen Runden in Nürnberg sind absolute Glücksgefühle hochgekommen. Das war pure Gänsehaut“, so der Top-Star der Rundfahrt, der sich im Sprint vor der Oper vor dem Berliner Rüdiger Selig (Katusha) und dem Iren Sam Bennett (Bora-Argon 18) durchsetzte.
„Ich wollte diesen Sieg unbedingt erringen und auf den letzten 200 Metern war mir klar, dass mir den keiner nehmen würde“, sagte Degenkolb, der wie schon bei seinem Erfolg auf der 2. Etappe in Selb von seiner Familie unterstützt wurde. „Es war wunderschön, ihnen diesen Sieg zu schenken.“
Ungefähr zum selben Zeitpunkt, als der Frankfurter seinen zweiten Tagessieg für sich verbuchte, war sich Alex Dowsett (Movistar) seines ersten Gesamtsiegs bei einer Rundfahrt sicher. „Ich war heute den ganzen Tag nervös wegen des geringen Vorsprungs“, sagte der Brite aus Essex, der nur zwei Sekunden Vorsprung auf den Portugiesen Tiago Machado (Katusha) mit auf den Weg genommen hatte. „Mein Team war heute absolut souverän und hatte alles unter Kontrolle, aber ich war trotzdem sehr nervös. Ich habe bisher nur zwei Mal ein Gelbes Trikot getragen, seit ich in der Mannschaft bin, aber am Ende habe ich es nie gewonnen. Umso glücklicher bin ich, dass ich dieses Mal den Gesamtsieg errungen habe“, fügte der Stundenweltrekordler an.
Hinter Dowsett und Machado sicherte sich Jan Barta (Bora-Argon 18) den dritten Rang und wiederholte damit sein Ergebnis von 2013. Aber nicht nur wegen des erneuten Podestplatzes durch den Tschechen war das Team aus Oberbayern mit seinem Heimspiel ausgesprochen zufrieden. Schließlich gewann Bennett gleich zwei Etappen und ließ dabei Degenkolb und den Franzosen Nacer Bouhanni (Cofidis) hinter sich.
„Wenn wir vorher gesagt hätten, dass wir gleich zwei Etappen gewinnen, zweimal auf dem Podium stehen und dann noch Gesamtdritter werden, wären wir schon sehr optimistisch gewesen. Jetzt ist es so gekommen und die Fahrer sind sehr stolz auf das Geleistete. Das ist für uns die erfolgreichste Bayern Rundfahrt in der Geschichte des Teams. Und dass wir diese Erfolge gerade bei unserer Heimatrundfahrt einsammeln, ist natürlich eine wunderbare Sache“, sagte Sportdirektor Enrico Poitschke.
Bester deutsche Fahrer in der Gesamtwertung war der U23-Zeitfahrmeister Nils Politt vom Team Stölting. Der erst 20 Jahre alte Kölner belegte in der Endabrechnung einen hervorragenden sechsten Platz, knapp hinter dem Niederländer Dylan van Baarle (Cannondale-Garmin), der sich als Fünfter auch das Weiße Trikot des besten Jungprofis sicherte. Cannondale-Garmin holte sich die Teamwertung, auch dank des Litauers Ramunas Navardauskas, der Gesamtrang vier belegte. Mit dem Freiburger Jasha Sütterlin aus Dowsetts Movistar-Team schaffte ein weiterer junger deutscher Fahrer den Sprung unter die Besten: Der 22-jährige Freiburger wurde Zehnter.
Anders als im Fall des Gelben und des Weißen Trikots brachte die letzte Etappe der Bayern-Rundfahrt nochmals Bewegung in die Berg- und Sprintwertung. Dank eines starken Finals auf den insgesamt zehn Nürnberger Zielrunden, wo nochmals fünf Bergwertungen anstanden, holte sich der Belgier Frederik Veuchelen vom belgischen Zweitdivisionär Wanty-Groupe Gobert noch das Bergtrikot – und zwar von seinem italienischen Teamkollegen Simone Antonini. Degenkolb konnte sich nicht nur über seinen Etappensieg, sondern auch noch über das Blaue Trikot des punktbesten Fahrers freuen.
Ehe es zum großen Showdown in der Nürnberger Altstadt kam, dominierten sechs Ausreißer das Geschehen. Der Russe Eduard Vorganov (Katusha), der Südafrikaner Louis Meintjes (MTN-Qhubeka), der Kolumbianer Brayan Steven Ramirez (Colombia), der Niederländer Huub Duijn (Roompot), der deutsche Christian Mager (Cult Energy) und eben Veuchelen zogen schon nach acht Kilometern davon und kamen auf einen Maximalvorsprung von gut vier Minuten. Vorganov fuhr zwischenzeitlich sogar im Gelben Trikot, doch Movistar sorgte dafür, dass die Spitzengruppe acht Kilometer vor dem Ziel wieder eingefangen wurde.
Und auch wenn er nach eigenem Bekunden noch nicht in Bestform ist, so konnte Degenkolb doch seinen insgesamt fünften Saisonsieg einfahren, nach dem er seine Mannschaft in höchsen Tönen lobte. „Wir haben allen gezeigt, dass unser Team zu den Großen im Radsport gehört und dass wir Rennen mitgestalten können, auch wenn wir hier in Bayern nicht auf das Gesamtklassement gefahren sind“, so der gebürtige Geraer, dessen Team in Bayern nur mit sechs statt der sieben erlaubten Fahrer angetreten war.
Sowohl für Degenkolb wie für Dowsett war die Bayern-Rundfahrt auch Teil der Vorbereitung auf die Tour de France. „Ich werde die nächsten vier Wochen bis zur Tour de Suisse nutzen, um an mir zu arbeiten. Bis zur Tour de France will ich dann in echter Topform sein“, so der Giant-Kapitän, der sich in Frankreich den Traum vom ersten Etappensieg erfüllen möchte.
Dowsett dagegen, der nach Geraint Thomas (2011, 2014) für den dritten britischen Gesamtsieg bei der Bayern-Rundfahrt gesorgt hatte, wird bei der Tour als Helfer für seinen Teamkollegen Nairo Quintana antreten, der das wertvollste Gelbe Trikot des Radsports erobern will.
Die Schlussetappe in der Video-Zusammenfassung:
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