Die Aufgebote der Tour-Teams

Mitchelton - Scott: Besser gerüstet als im Vorjahr

Von Daniel Brickwedde

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Mitchelton - Scott beim Critérium du Dauphiné 2019 | Foto: Cor Vos

02.07.2019  |  (rsn) - 22 Teams nehmen am 6. Juli in der belgischen Hauptstadt Brüssel die 106. Tour de France in Angriff. Wir stellen alle Aufgebot vor und beurteilen die Chancen der 18 WorldTour-Mannschaften sowie der vier Zweitdivisionäre.

Mitchelton - Scott

Rückblick 2018: Das australische Team dürfte die Tour schnell abgehakt haben. Das Aufgebot war komplett auf die Ambitionen mit Adam Yates in der Gesamtwertung ausgerichtet - und der Brite lag nach den ersten zehn Etappen sogar aussichtsreich auf Position sieben. Als die Tour jedoch das Hochgebirge erreichte, brach er an zwei Tagen in den Alpen komplett ein. Am Ende reichte es nur zu einem enttäuschenden 29. Platz. Ein Tagessieg war Mitchelton - Scott ebenfalls nicht vergönnt: Mikel Nieve sah auf der 10. Etappe zur Bergankunft in La Rosiere bereits wie der Sieger aus, ehe Geraint Thomas ihn hundert Meter vor dem Ziel stellte. Ansonsten gab es für das Team aufgrund der ursprünglichen Ausrichtung nicht viel zu gewinnen, auch Yates blieb in seinen Anstrengungen um einen Etappensieg glücklos.

Aufgebot 2019: Luke Durbridge, Jack Haig, Michael Hepburn, Daryl Impey, Chris Juul Jensen, Matteo Trentin, Adam Yates, Simon Yates

Aussichten: Um ein erneutes Fiasko zu verhindern, ist der Kader diesmal etwas breiter aufgestellt. Im Mittelpunkt steht aber weiterhin der Angriff mit Adam Yates auf die Gesamtwertung. Beim Critérium du Dauphiné machte der 26-Jährige einen ordentlichen Eindruck und trug sogar drei Tage das Gelbe Trikot. Auf der letzten Etappe stieg er als Gesamtzweiter mit Fieber jedoch vom Rad. Herauszuheben war dennoch sein sechster Platz im 26,1 Kilometer langen Zeitfahren, vormals eine Problemdisziplin des Briten. Mitchelton - Scott scheint in diesem Bereich erfolgreich mit ihm und seinem Zwillingsbruder Simon gearbeitet zu haben, beide zeigten im bisherigen Saisonverlauf deutliche Verbesserungen. Damit scheint Adam Yates auch für die Prüfung der 13. Etappe in Pau (27,5 Kilometer) gut gerüstet.

Ein guter Auftritt beim Dauphiné macht allerdings noch lange keine gute Tour, dass weiß Yates aus dem Vorjahr: Damals beendete er die Rundfahrt als Zweiter hinter Geraint Thomas, ehe er auf den ersten Bergetappen der Tour einbrach. Dass der kletterstarke Brite aber ganz vorne bei der Tour mitmischen kann, zeigt sein vierter Gesamtplatz 2016.

Das Aufgebot um ihn herum ist erneut für jedes Terrain gut zusammengestellt. Gleich im Mannschaftszeitfahren der 2. Etappe in Brüssel gehört Mitchelton - Scott zu den Podiumsanwärtern, mit Luke Durbridge und Michael Hepburn befinden sich zwei Spezialisten im Aufgebot. Beide bilden zusammen mit Daryl Impey außerdem für Yates einen robusten und routinierten Begleitschutz für die generell hektischen ersten Tour-Tage.

Wird das Terrain etwas welliger, ist insbesondere der Däne Chris Juul Jensen gefragt. Und geht es ins Hochgebirge, kommen schließlich Jack Haig und Simon Yates zum Zug. Haig war zunächst als wichtigster Berghelfer für Simon Yates beim Giro d’Italia vorgesehen, verpasste die Italien-Rundfahrt aber aufgrund einer Knieverletzung. Damit darf sich Adam Yates nun auf einen kletterstarken, ausdauernden und loyalen Helfer in seinem Team freuen. Zuletzt bewies Haig mit Platz zwei auf der bergigen Schlussetappe des Critérium du Dauphiné, dass seine Verfassung drei Wochen vor der Tour stimmt. In der Vergangenheit war der 25-Jährige bei Mitchelton-Scott oft ein Kandidat für taktische Varianten aus Fluchtgruppen, um im Finale oder im Schlussanstieg noch vorne für den jeweiligen Kapitän Helferdienste leisten zu können – das ist auch für seine Tour-Premiere denkbar.

Eine kleine Überraschung ist Simon Yates, der im Mai den Giro d’Italia gewinnen wollte. Allerdings blieb er dort mit Platz acht aber deutlich hinter den Erwartungen zurück. Laut Teamaussagen war es jederzeit eine Option, ihn im Anschluss auch zur Tour zu schicken – allerdings in der klaren Rollenzuteilung, dort nur als Helfer für seinen Bruder anzutreten. Im vergangenen Jahr bestritten die Yates-Zwillinge bereits die Vuelta a Espana zusammen, damals unterstützte Adam seinen Bruder auf dem Weg zum Gesamtsieg. Nun soll diese Konstellation auch umgekehrt funktionieren.

Und falls Adam Yates erneut im Tour-Verlauf strauchelt? Für die Situation finden sich zumindest ein paar mehr Optionen im Kader. Simon Yates könnte für den Fall gar ein Plan B sein, naheliegender nach den Giro-Strapazen scheint dann jedoch der Fokus auf Etappensiege. Gleiches gilt für Haig.

Entscheidender in der Hinsicht ist jedoch die Ergänzung von Matteo Trentin im Aufgebot. Der Italiener gehört nicht zu den reinen Sprintern, sondern gilt eher als Klassikerspezialist mit guten Sprintfähigkeiten. Auf der diesjährigen Route finden sich dafür genügend Teilstücke, die seinen Fähigkeiten entgegenkommen. 2013 und 2014 gewann er bereits im Sprint eines dezimierten Feldes je eine Tour-Etappen, bei gleichen Szenarien ist er auch in diesem Jahr zu beachten. Darüber hinaus gilt der Europameister als Teamplayer, der sich auf den Bergetappen für Helferdienste nicht zu schade ist.

Fazit: Die Ansprüche sind bei Mitchelton - Scott über die Jahre gestiegen, deshalb rief die Teamleitung auch für diese Tour als Ziel das Podium in Paris aus. Die Fähigkeiten dazu besitzt Adam Yates zweifellos: Das Zeitfahren ist nicht mehr der große Schwachpunkt, in den Bergen gilt er ohnehin als stark, und auch das Team ist für jede Lage bestens aufgestellt. Allerdings zeigte Adam Yates seine Qualitäten zuletzt vor allem bei einwöchigen Rundfahrten, bei GrandTours kam er nicht mehr an sein Niveau von 2016 heran. Daher bleibt hier ein kleiner Unsicherheitsfaktor. Zumindest ist Mitchelton - Scott mit Bruder Simon Yates, Haig und auch Trentin für diesen Fall besser gerüstet als im Vorjahr.

Eckdaten:
Land: Australien
Hauptsponsor: Mitchelton, Scott
Branche: Weinproduzent, Radhersteller
Teamchef: Shayne Bannan
Radausrüster: Scott

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