Kelderman genießt verregneten Giro-Tag in Rosa

Cerny jubelt am Ende der verkürzten Streik-Etappe

Foto zu dem Text "Cerny jubelt am Ende der verkürzten Streik-Etappe"
Josef Cerny (CCC) jubelt über seinen ersten Grand-Tour-Tagessieg. | Foto: Cor Vos

23.10.2020  |  (rsn) - Am Ende der verregneten 19. Giro-Etappe jubelte Josef Cerny (CCC) über seinen ersten Grand-Tour-Tagessieg. Der 27-jährige Tscheche gewann aus einer Ausreißergruppe heraus vor Victor Campenaerts (NTT) und Jacopo Mosca (Trek - Segafredo). Wilco Kelderman (Sunweb) konnte sein Rosa Trikot problemlos verteidigen. Die sportlichen Aspekte wurden von einem großen Streit zwischen den Fahrern, den Teams und den Organisatoren überlagert. Nach einem Fahrerprotest wurde der ursprünglich 259 Kilometer lange Tagesabschnitt auf 124 Kilometer verkürzt.

Auch Etappensieger Cerny wusste die Ereignisse des Morgens noch nicht so richtig einzuordnen: “Wir standen im Startbereich und die Organisatoren sagten, dass wir die Etappe verkürzen konnten. Das war schön, weil die letzten drei Tage sehr schwer waren. Und auch heute war es mit dem Regen sehr schwer.“ Schließlich packten die Teams ihre Sachen und nahmen das Rennen in Abbiategrasso wieder auf.

Dort war Cerny einer der Ersten, die ihr Heil in der Flucht suchten. “Ich hatte Glück in die Spitzengruppe zu kommen. Wir haben gut zusammengearbeitet. Im Finale ging es darum, wer die besten Beine hatte. Ich kann es immer noch nicht ganz glauben, weil alles so schnell vorbeiging“, berichtete der Tscheche. Für sein CCC-Team war es der erste World-Tour Erfolg in dieser Saison.

Sein Fluchtkollege Simon Clarke (EF), der am Ende auf dem vierten Rang landete, konnte die Motivation des Fahrerfeldes für den Protest erklären: “Schön, dass wir einen Kompromiss gefunden haben und die Etappe fahren konnten. Entscheidend war nicht das Wetter, sondern die Distanz; wir verstehen nicht, wie man so eine lange Etappe zwischen zwei schwere Bergetappen legen kann.“ Auf dem verkürzten Teilstück gehörte der Australier zu den Protagonisten des Tages, musste aber die Überlegenheit von Cerny anerkennen. “Die Gruppe war stark besetzt und als Cerny attackierte wusste ich, dass es der entscheidende Versuch war, aber ich konnte da nicht mitgehen“, schilderte Clarke die entscheidende Szene.

Kelderman vor dem Schlusswochenende zuversichtlich

Gänzlich unberührt von den Kontroversen und dem schlechten Wetter berlebte Kelderman seinen ersten Tag als Gesamtführender: “Es war ein wirklich besonderer Tag und ich habe jede Minute im Rosa Trikot genossen. Es war zwar kalt und nass, aber ich habe mich dennoch gefreut.“ Im Hinblick auf die entscheidende Bergetappe morgen zeigte sich der Niederländer darüber erleichtert, dass er seine Mannschaft und seine Beine heute schonen konnte.

“Es war eine gute Gruppe weg und Bora konnte die Lücke nicht mehr schließen. Wir haben dann die Kontrolle übernommen, um sicher über die Ziellinie zu kommen. Morgen wird der letzte harte Tag, wir werden alles geben. Und dann werden wir im Zeitfahren sehen was passiert“, sagte Kelderman, der die Gesamtwertung unverändert zwölf Sekunden vor seinem Teamkollegen Jay Hindley und 15 Sekunden vor dem Briten Tao Geoghegan Hart (Ineos Grenadiers) anführt.

Ein weiterer Gewinner des Tages war Arnaud Démare (Groupama - FDJ). Weil die Ausreißer alle Punkte wegnahmen, konnte Peter Sagan (Bora - hansgrohe) keinen Boden gutmachen. Die Sprintwertung dürfte Démare nun nicht mehr zu nehmen sein. Ruben Guerreiro (EF) hat sein Bergtrikot durch die Streckenänderung auf der morgigen Etappe sogar schon mathematisch sicher. Jai Hindley (Sunweb) führt weiterhin die Nachwuchswertung an.

So lief das Rennen:

Direkt nach dem verlegten Start attackierte Cerny gemeinsam mit Campenaerts und Simon Pellaud (Androni Giocattoli-Sidermec). Hinter ihnen bildete sich eine elf Fahrer starke Verfolgergruppe, bestehend aus Mosca, Albert Torres, Giovanni Carboni (Bardiani - CSF-Faizanè), Nathan Haas und Marco Mathis (beide Cofidis), Iljo Keisse (Deceunick - Quick-Step), Simon Clarke und Lachlan Morton (beide EF), Alex Dowsett (Israel Start-Up Nation), Sander Armée (Lotto Soudal), sowie Etienne Van Empel (Vini Zabù-KTM). Bora - hansgrohe hatte die ersten Kilometer verschlafen und spannte sich anschließend vor das Feld, um die Ausreißer wieder einzufangen.

Zunächst konnte das Spitzentrio um Cerny einen Vorsprung von 30 Sekunden auf die Verfolger und 1:10 Minuten auf das Hauptfeld herausfahren. Doch nach einigen Kilometern schlossen sich beide Spitzengruppen zusammen, während Boras Arbeit den Rückstand des Feldes auf bis zu 30 Sekunden verringerte. Doch gegen die geballte Macht der nunmehr 14 Spitzenreiter mit den Tempobolzern Dowsett, Campenaerts und Keisse kam Peter Sagans Helferriege nicht an. Nachdem sich der Rückstand wieder auf mehr als eine Minute erhöht hatte, brach Bora - hansgrohe die Verfolgung nach 57 Kilometer vor dem Ziel ab. Von diesem Punkt an rollte das Feld unter der Führung von Sunweb gemütlich ins Ziel.

Bora - hansgrohe knn die Ausreißer nicht mehr stellen

Die Spitzengruppe kooperierte bis 31 Kilometer vor dem Ziel, als Campenaerts mit einem ersten Vorstoß das Finale eröffnete. Doch erst der dritte Versuch des Belgiers konnte die Spitzengruppe sprengen. An einer Welle kurz vor der zweiten Sprintwertung konnte Campenaerts sich gemeinsam mit Cerny, Pellaud, Armée, Mosca und Clarke absetzen. Pellaud sicherte sich sowohl die erste als auch die zweite Sprintwertung des Tages, fiel aber kurz danach wieder zurück. Die entscheidende Attacke wurde von Cerny 21 Kilometer vor dem Ziel gefahren. Der Tscheche erarbeitete sich schnell einen Vorsprung von 40 Sekunden.

Doch in der Zwischenzeit war Keisse zur ersten Verfolgergruppe aufgefahren und brachte neuen Schwung in die Nachführarbeit. Auf den letzten zehn Kilometern schmolz die Lücke auf nur noch 20 Sekunden zusammen, und für einen Moment kamen Zweifel über Cernys Sieg auf. Doch auf den letzten zwei Kilometer konnte der Tschechische Zeitfahrmeister die Lücke stabil halten und sich den Etappensieg sichern. Kurz vor dem letzten Kilometer setzte sich Campenaerts aus der Verfolgergruppe ab und wurde Zweiter. Mosca schlug Clarke und Keisse im Sprint um den dritten Rang.

Im Feld, das mit mehr als elf Minuten Rückstand das Ziel erreichte, versuchte der Gesamtdritte Geoghegan Hart mit einem Sprint auf den letzten Metern ein paar Sekunden gutzumachen. Der Brite wurde jedoch von den anderen Fahrern im Feld gedeckt.

Mehr Informationen zu diesem Thema

04.01.2021Die Highlights des Giro d´Italia 2020

(rsn) - Der Giro d’Italia 2020 stand ganz im Zeichen der Youngster: Tao Geoghegan Hart (Ineos) sicherte sich den Gesamtsieg vor Jai Hindley (Sunweb), der Portugiese Joao Almeida (Deceuninck - Quick-

02.01.2021Spekenbrink verteidigt Giro-Taktik mit Kelderman und Hindley

(rsn) - Im Oktober 2020 musste Sunweb beim Giro d’Italia eine Entscheidung treffen, vor der sich jede Teamleitung fürchtet: Als der nominelle Kapitän Wilco Kelderman auf der 16. Etappe am berücht

18.12.2020Kelderman: “Bei Bora – hansgrohe spüre ich Vertrauen“

(rsn) - Wilco Kelderman (Sunweb) hat eine bewegte Saison hinter sich. Der Niederländer stand kurz vor dem Gesamtsieg beim Giro d’ Italia, ehe er am vorletzten Tag in Sestriere das Rosa Trikot an se

26.11.2020Sagan würde gerne zum Giro zurückkehren

(rsn) - Nach seinem erfolgreichen Giro-Debüt, bei dem er einen Etappensieg feiern und vier weiteren zweiten Plätzen würde Peter Sagan (Bora - hansgrohe) im kommenden Jahr gerne zur Italien-Rundfahr

30.10.2020Sagan: “Ich bin immer noch da und definitiv noch nicht fertig“

(rsn) - Peter Sagan (Bora - hansgrohe) hat an seinen 64 Renntagen dieser Saison nur einmal als Erster die Ziellinie überquert. Den Spaß am Radsport hat der dreimalige Weltmeister, der im Januar sein

28.10.2020Vegni fordert Bestrafung von EF und Jumbo - Visma

(rsn) - Giro-Renndirektor Mauro Vegni fordert Sanktionen gegen die Teams EF und Jumbo - Visma wegen deren Verhalten im Zusammenhang mit der Corona-Politik der Italien-Rundfahrt. Jumbo - Visma hatte da

27.10.2020Giro-Sieger Geoghegan Hart erhält 314.781 Euro Preisgeld

(rsn) - Tao Geoghegan Hart und sein Team Ineos Grenadiers haben beim 103. Giro d’Italia mit sieben Etappenerfolgen und dem Gesamtsieg nicht nur in sportlicher Hinsicht groß abgeräumt, sondern füh

27.10.2020Brailsford begeistert die neue Ineos-Fahrweise

(rsn) - Die bisherigen Grand-Tour-Siege von Ineos Grenadiers kamen alle nach dem gleichen Schema zustande. Zunächst hiel die Mannschaft das Feld zusammen, erhöhte dann im Schlussanstieg das Tempo, e

27.10.2020Trek-Segafredo-Chef Guercilena zweifelt nicht an Nibali

(rsn) - Vincenzo Nibali (Trek - Segafredo) war beim 103. Giro d’Italia erwartungsgemäß bester Italiener. Das kann den zweimaligen Gesamtsieger aber kaum darüber hinwegtrösten, dass er im Kampf u

26.10.2020Campenaerts: “Vielleicht war Giro-Zeitfahren mein letztes Rennen“

(rsn) - Mit seinem zweiten Platz im Zeitfahren von Mailand beendete Victor Campenaerts (NTT) den Giro d’Italia zwar mit einem Erfolgserlebnis. Doch der Stundenweltrekordler weiß immer noch nicht, w

26.10.2020Sunweb-Duo Hindley und Kelderman beim Giro 2021 Gegner?

(rsn) - Am Ende kam es für Team Sunweb so, wie es sich bereits nach der letzten Giro-Bergetappe angedeutet hatte: Jai Hindley konnte sein in Sestriere erobertes Rosa Trikot nicht verteidigen und wurd

26.10.2020Geoghegan Hart: Schulschwänzer, Kanalschwimmer, Giro-Sieger

(rsn) - Vor eineinhalb Jahren sorgte Tao Geoghegan Hart (Ineos – Grenadiers) mit seinem Teamkollegen Pavel Sivakov bei der Tour of the Alps für Furore, als die beiden ihre jeweils ersten Siege im P

Weitere Radsportnachrichten

05.11.2024200 Millionen Euro Ablösesumme für Großverdiener Pogacar?

(rsn) – Ende Oktober einigten sich Tadej Pogacar und sein UAE Team Emirates auf die vorzeitige Verlängerung seines damals noch bis Ende 2027 gültigen Vertrags. Die neue Vereinbarung umfasst nun ei

05.11.2024Aarau und Piuro weitere Etappenorte der Tour de Suisse

(rsn) – Bereits mehr als sieben Monate vor dem Start der Tour de Suisse 2025 ist der Etappenplan der am 15. Juni in Küssnacht beginnenden 88. Ausgabe der Schweizer Landesrundfahrt fast komplett. W

05.11.2024Maas künftig Teamkollege von Buchmann?

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

05.11.2024Vollerings neues Team hat langfristige Planungssicherheit

(rsn) - Die Equipe FDJ - Suez kann langfristig planen. Wie der ambitionierte französische Frauen-Rennstall bekannt gab, habe man sich mit den beiden Namenssponsoren auf Vertragsverlängerungen bis je

05.11.2024Tod der Mutter verdrängte sportliche Erfolge in den Hintergrund

(rsn) – Hinter Anton Albrecht (P&S Metalltechnik – Benotti) liegt ein schwieriges Jahr. Im Saisonverlauf wusste er zu überzeugen und sich etwa mit einem zweiten Etappenrang bei Belgrade Banjaluka

05.11.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

04.11.2024Krankheiten und Reisestress raubten die Freude am Radsport

(rsn) – Erst zur Saison 2023 wechselte Mountainbiker Pirmin Eisenbarth auf die Straße und sorgte in Diensten des deutschen Kontinental-Teams Bike Aid mit zahlreichen Spitzenplatzierungen für Furor

04.11.2024Van Anrooij an verengter Beckenarterie operiert

(rsn) - Shirin van Anrooij wird auf Einsätze in dieser Cross-Saison verzichten müssen. Wie die 22-jährige Niederländerin auf Instagram mitteilte, sei sie an einer verengten Beckenarterie ihres lin

04.11.2024Gemischte Gefühle nach größtem Karriereerfolg

(rsn ) – Nach zwei Jahren bei Lotto – Kern Haus wechselte Ole Theiler im vergangenen Winter zu Storck – Metropol, um sich in seinem letzten U23-Jahr als Kapitän für ein Profiteam zu empfehlen.

04.11.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Transfers offiziell bekanntgeben. Radsport-news.c

03.11.2024Ein Lernjahr mit einem großen Rückschlag

(rsn) – 2024 war ein Jahr mit Licht und Schatten für Fabian Steininger (Maloja Pushbikers). Der 24-jährige Österreicher ging in seine zweite Saison beim deutschen Kontinental-Team und fühlte si

03.11.2024Nys fliegt in Pontevedra zu seinem ersten großen Titel

(rsn) – Nach seinem schwarzen Tag in Pontchateau im letzten Jahr hat der Belgier Thibau Nys im spanischen Pontevedra zum Abschluss der Cross-Europameisterschaften seinen ersten großen Titel in der

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine