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26.01.2022 | (rsn) - Auch diesmal nehmen wir zu Saisonbeginn die 18 WorldTour-Teams unter die Lupe: Wie lief es im vergangen Jahr, welche Veränderungen gibt es in den Aufgeboten, was ist in der neuen Saison von den einzelnen Mannschaften zu erwarten?
Beim AG2R Citroën Team ruhen die Hoffnungen auf einem erfahrenden Klassiker-Duo und auf dem Senkrechtstarter von 2021, für den es auch beim größten Rennen des internationalen Kalenders weiter bergauf gehen soll.
Rückblick auf die Saison 2021
Zwölf Siege sind ein solider, aber kein überragender Wert. Dennoch wird die Teamleitung vor allem mit den Grand-Tour-Auftritten zufrieden gewesen sein. Nach dem Abgang des Aushängeschilds Romain Bardet war es ein Jahr des Umbruchs, in dem aber schnell neue Gesichter auftauchten, die den Franzosen zu ersetzen wussten.
Bei der Tour de France etwa fuhr Ben O’Connor mit einem Etappensieg und einem vierten Gesamtrang ins Rampenlicht. Auch bei den weiteren großen Landesrundfahrten nahm AG2R Citroën Tagessiege mit nach Hause: Clément Champoussin gewann eine Etappe der Vuelta a Espana, beim Giro d’Italia holte sich Sprinter Andrea Vendrame ein Teilstück, zudem sicherte sich Geoffrey Bouchard das Bergtrikot des Giro. Diese Ausbeute dürfte auch den neuen Co-Sponsor Citroën gefreut haben.
___STEADY_PAYWALL___ Weniger erfreulich sah die Bilanz bei den Klassikern aus. Von den kostspieligen Neuverpflichtungen Bob Jungels und Greg Van Avermaet blieben die erhofften Impulse aus. Jungels fiel krankheitsbedingt lange aus, Van Avermaet erreichte zwar als bestes Resultat Platz drei bei der Flandern-Rundfahrt, hatte aber schon deutlich bessere Jahre auf dem Pavé zu verzeichnen. Ähnliches galt für Oliver Naesen, dessen bestes Ergebnis ein vierter Rang bei der E3 Saxo Bank Classic war. Bei den Ardennenklassikern spielte das Team gar keine Rolle. Benoit Cosnefroy gewann mit der Bretagne Classic später im Jahr immerhin ein WorldTour-Eintagesrennen, das erste seiner Karriere.
AG2R Citroën will und muss im Jahr 2022 bessere Ergebnisse abliefern. | Foto: AG2R Citroen
Die wichtigsten Zu- und Abgänge
Bei AG2R Citroën sind die personellen Veränderungen in einem überschaubaren Rahmen geblieben. Julien Duval, Ben Gastauer und Mathias Frank beendeten ihre Karrieren, außerdem ließ die Teamleitung Routinier Tony Gallopin (Trek - Segafredo) und François Bidard (Cofidis) ziehen. Mit Alexis Gougeard (B&B-Hotels) fehlt künftig ein Spezialist für Fluchtgruppen. Im Gegenzug verpflichtete das Management mehrere Talente: den Österreicher Felix Gall (DSM), Antoine Raugel aus dem Nachwuchs von Groupama - FDJ sowie Paul Lapeira und Valentin Paret-Peintre. Lapeira gewann im Vorjahr die U23-Austragung von Il Lombardia, Paret-Peintre zeigte im Nachwuchs gute Anlagen als kletterstarker Rundfahrer. Gall wurde 2015 Weltmeister im Straßenrennen der Junioren.
Im Fokus: Ben O’Connor
Mit seinem vierten Platz bei der Tour de France 2021 dürfte niemand gerechnet haben. Allerdings profitierte der Australier dabei insbesondere von seinem Etappensieg in Tignes, bei dem O‘Connor aus einer Fluchtgruppe heraus rund sechs Minuten auf Tadej Pogacar & Co. herausfuhr. Ohne diesen Puffer wäre der 26-Jährige womöglich um Platz zehn herum gelandet. Aber auch das wäre noch eine beeindruckende Leistung gewesen. Doch wie weit kann es für O’Connor bei den großen Rundfahrten gehen? Er hat selbstbewusst die Tour 2022 zu seinem Hauptziel erklärt – nun mit mehr Verantwortung als Teamkapitän. Freifahrtscheine wie nach Tignes wird er dann nicht mehr erhalten. 2022 könnte ein Test sein, ob dem Kletterspezialisten die Rolle als Klassementfahrer am Hinterrad der Züge von UAE Emirates, Ineos Grenadiers oder Jumbo - Visma liegt oder ob O‘Connor künftig doch besser als angriffslustiger Etappenjäger in den Bergen agiert – mit dem Klassement als möglichem Bonus.
Bob Jungels kam wegen einer langwierigen Verletzung nicht in Schwung. | Foto: Cor Vos
Aufgepasst auf ... Bob Jungels
Im Vorjahr lief für den Luxemburger nicht viel zusammen. Das hatte allerdings Gründe: Neben Rückenproblemen und einem schweren Sturz beim Amstel Gold Race diagnostizierten Ärzte bei Jungels in beiden Beinen eine Endofibrose, eine schmerzende und den Blutfluss hemmende Verengung der Beckenarterie. Das wirkte sich negativ auf seine Leistungen aus. Jungels musste operiert werden – und ist nach eigenem Bekunden mittlerweile wieder schmerzfrei. In Top-Form gehört er zu den vielseitigsten Fahrern im Peloton. Er gewann bereits Kuurne-Brüssel-Kuurne sowie Lüttich-Bastogne-Lüttich, kann aber auch bei Etappenrennen vorne mitfahren. Sollte er wieder an dieses Niveau erreichen, ist 2022 vom mittlerweile 29-jährigen Jungels einiges zu erwarten.
Ausblick auf die Saison 2022
Angesichts der nominell starken Klassikerfraktion ist der Fokus wie 2021 wieder auf das Frühjahr gerichtet. Mit Van Avermaet und Oliver Naesen, dem jungen Belgier Stan Dewulf und erfahrenen Helfern wie Gijs van Hoecke, Lawrence Naesen und dem Schweizer Michael Schär sollte AG2R Citroën eine gewichtige Rolle bei den flämischen Klassikern spielen können. Für Podestplätze müssten sich der bald 37-jährige Van Avermaet und der fünf Jahre jüngere Naesen allerdings deutlich steigern. Bei den Ardennenklassikern bleibt abzuwarten, in welcher Verfassung sich Jungels präsentieren wird. In Top-Form erhöht er deutlich die Möglichkeiten des Teams für die Klassiker und einwöchige Etappenrennen.
Greg Van Avermaet fuhr bei der Flandern-Rundfahrt hinter Sieger Mathieu van der Poel (Alpecin - Fenix) und Kasper Asgreen (l, Deceuninck - Quick-Step) auf Platz drei. | Foto: Cor Vos
Auch Cosnefroy gilt als Spezialist für hügelige Eintagesrennen und als Kandidat für Spitzenresultate. In den großen Rundfahrten ruhen die Hoffnungen auf O’Connor. Der Parcours der diesjährigen Tour weist zwar viele Berge auf, aber auch Zeitfahrkilometer, die dem Australier weniger liegen – ein Start beim Giro wäre womöglich die bessere Option gewesen. Für ein französisches Team zählt jedoch der gute Auftritt bei der Tour mehr und eine Top-Ten-Platzierung scheint auch 2022 möglich.
Erfolgsaussichten – auch für die großen Rundfahrten – verspricht die Riege an kletterstarken Etappenjägern wie Nans Peters, Dorian Godon, dem vielseitigen Cosnefroy, Bouchard oder auch Jungels. Dazu kommen der frühere Tour-Etappensieger Lilian Calmejane, der nach dürftigen Jahren wieder Ergebnisse braucht, sowie der endschnelle Vendrame.
Auch an hoffnungsvollen Talenten fehlt es nicht: Aurélien Paret-Peintre, dessen Bruder Valentin sowie Champoussin besitzen allesamt das Potenzial, die künftigen Gesichter des Teams für die großen Rundfahrten zu werden. Gerade Champoussin und Aurélien Paret-Peintre sind 2022 weitere Leistungssprünge zuzutrauen. Mit Clément Venturini und Marc Sarreau verfügt AG2R zudem über zwei solide Sprinter, die zwar kein Weltklasseformat haben, bei kleineren französischen Rennen aber durchaus ihren Teil zur Bilanz beisteuern können. Der Kader verspricht zwar keine Siege am Fließband, Etappensiege und Achtungserfolge auf WorldTour-Ebene sind allemal drin. Alles in allem sind das zwar solide Aussichten für die Equipe von Manager Vincent Lavenu.
AG2R Citroën trainiert auf dem Kopfsteinpflaster.
Angesichts des Engagements von Co-Sponsor Citroën, seit dessen Einstieg 2021 die finanziellen Möglichkeiten gestiegen sind, sollten es allerdings schon ein bisschen mehr sein als die zwölf Siege des vergangenen Jahres. Umso überraschender, dass Verstärkungen in den Kader ausblieben. Ob das daran lag, dass die gesetzten Transferziele nicht erreicht werden konnten oder das Management bewusst auf größere Veränderungen verzichtete, ist unklar. Das Budget für die Verpflichtung einiger großer Namen dürfte zumindest vorhanden gewesen sein.
Nun müssen sich vor allem die arrivierten Kräfte steigern, um die Bilanz des Vorjahres zu übertreffen. Abgesehen vom deutlichen Steigerungspotenzial bei Jungels ist allerdings fraglich, ob das gelingen kann. 2023 könnten deshalb größere Umbauten im Kader anstehen.
Eckdaten
Land: Frankreich
Hauptsponsor: AG2R La Mondiale, Citroën
Branche: Versicherung, Automobil-Hersteller
Manager: Vincent Lavenu
Radausrüster: BMC
UCI-Teamranking 2021: 8
Siege 2021: 12
Fahrer im Aufgebot: 29
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