RSNplusRSN-Rangliste, Platz 4: Max Walscheid

Bester Deutscher trotz zwei Mal Corona und Nahtoderlebnis

Von Christoph Adamietz

Foto zu dem Text "Bester Deutscher trotz zwei Mal Corona und Nahtoderlebnis"
Max Walscheid (Cofidis) auf dem Podium des GP Denain | Foto: Cor Vos | Foto: Cor Vos

16.12.2022  |  (rsn) – Trotz zweier Coronaerkrankungen und eines schweren Trainingssturzes, der ihn mehrere Wochen außer Gefecht setzte, konnte Max Walscheid (Cofidis) 2022 so viele Punkte für die Jahresrangliste sammeln wie kein anderer Deutscher. Am Ende verpasste der Heidelberger um nur acht Zähler den Sprung auf das Podium der RSN-Rangliste.

"Bester Deutscher zu sein ist definitiv eine super Leistung und das freut mich. Das zeigt meine Entwicklung seitdem ich Profi geworden bin. Ich glaube, dass ich mich jedes Jahr weiterentwickeln konnte. Es war zwar nicht mein glücklichstes Jahr, aber rein sportlich fällt meine Bilanz sehr positiv aus“, sagte Walscheid zu radsport-news.com.

Vor allem im März zeigte er starke Leistungen, als er bei Nokere Koerse (1.Pro) Zweiter wurde, am Tag darauf den GP Denain (1.Pro) gewann und schließlich keine Woche später Brugge-De Panne (1.UWT) auf Rang vier abschloss. "Der März war definitiv ein Highlight für mich. Gerade Denain war eine super Erfahrung. Ich bin dort das erste Mal überhaupt gefahren und habe gleich gewonnen. Und als eine Art Mini-Roubaix hat dieser Erfolg für mich auch einen sehr hohen Stellenwert“, so Walscheid.

___STEADY_PAYWALL___

Beim GP Denain feierte Max Walscheid (Cofidis) seinen einzigen Saisonsieg. | Foto: Cor Vos

Doch statt bei den großen WorldTour-Klassikern Gent-Wevelgem, Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix anzugreifen und dort seine starke Form unter Beweis zu stellen, musste Walscheid erst einmal längere Zeit pausieren. Dem gebürtigen Neuwieder wurde im Training von einem PKW unweit seiner Heimat die Vorfahrt genommen, was in einem Sturz resultierte. Nur wie durch ein Wunder wurden im Krankenhaus keine Brüche diagnostiziert. Dafür aber trug Walscheid innere Verletzungen in Form von Lungeneinblutungen und -rissen davon.

Für Walscheid war es bereits der zweite schlimme Sturz nach 2016, als er ebenfalls im Training angefahren wurde. "Der Unfall war ein einschneidendes Erlebnis. Ich wurde jetzt zum zweiten Mal völlig aus dem Blauen und ohne Schuld im Training erwischt. Diese erneute Nahtoderfahrung hat mich sowohl mental als auch körperlich sehr viel Kraft gekostet“, meinte Walscheid.

Nahtoderfahrung und Corona

Er gab an, diesen Unfall sowie den vor sechs Jahren soweit "gut verarbeitet“ zu haben. "Aber wie bei allen einschneidenden Erlebnissen im Leben bleibt doch immer etwas hängen. Das ist definitiv auch bei mir der Fall“, gestand Walscheid, der es allerdings recht schnell wieder zurück aufs Rad schaffte und Mitte Mai bereits sein erstes Rennen nach dem Crash bestritt. Er wurde sogar für die Tour de France nominiert, verpasste dort allerdings ein Top-Ten-Ergebnis und musste die Rundfahrt zudem nach der 15. Etappe verlassen, da er positiv auf Corona getestet wurde. "Das Corona-Aus bei der Tour war definitiv eine große Enttäuschung“, sagte Walscheid.

Die Erkrankung machte ihm auch länger zu schaffen als ihm lieb war. Erst zum Münsterland Giro (1.Pro) im Oktober, wo er in einem Weltklassesprintfeld Dritter wurde, hatte er wieder sein ursprüngliches Niveau erreicht. "Auf die Leistung bin ich sehr stolz. Ich war auch schon vor dem Münsterland Giro das eine oder andere Rennen gefahren bin, wo ich gerne besser abgeschnitten hätte, aber meine Leistungsfähigkeit war einfach noch nicht da, wo ich sie gerne gehabt hätte“, blickte Walscheid zurück.

Corona schlägt zurück

Erst in den Tagen vor dem deutschen Saisonabschluss, habe sich angedeutet, dass die Formkurve wieder nach oben zeigt. “Ich wusste also, dass ich mit dem Münsterland Giro noch mal eine super Gelegenheit habe. Und die habe ich genutzt. Das hat meine Saison zu einem guten Abschluss gebracht“, sagte Walscheid.

Sein letzter Saisoneinsatz wäre eigentlich bei der nachfolgenden Tour de Langkawi (2.Pro) gewesen, doch der Allrounder fing sich kurz vor Rundfahrtbeginn zum zweiten Mal binnen drei Monaten Corona ein und musste so seine Teilnahme absagen. "Langkawi zu verpassen war nervig, zum Glück war der Klassenerhalt des Teams aber unter Dach und Fach. Ich war in Topform und hätte in Langkawi um Siege fahren können, beziehungsweise auch ein, zwei mit nach Hause bringen können. Da die großen Teamziele erfüllt waren, war das aber verkraftbar“, meinte Walscheid.

Der Krampf gegen die Uhr

Ärgerlicher sei gewesen, dass es für den erst im Winter zu Cofidis gewechselten Walscheid im Zeitfahren nicht so gelaufen war wie erhofft. "2022 war in Sachen Zeitfahren definitiv enttäuschend“, sagte der Dritte der Zeitfahr-DM 2021. An seiner Leistungsfähigkeit im Zeitfahren hätte es aber nicht gelegen. Vielmehr habe er über das ganze Jahr über "kein gutes Setup gefunden.“ Ein gutes Ergebnis wäre für ihn wohl bei der EM in München möglich gewesen, auf das er sich nach seinem Tour-Aus gezielt vorbereitet hatte. Hochmotiviert ging Walscheid ins Rennen, "vielleicht einen Ticken zu motiviert“, meinte Walscheid, der in einer Kurve wegrutschte, zu Boden ging und dadurch eine bessere Platzierung als Rang 25 verpasste.

Vom Sturz gezeichnet erreichte Walscheid in München das Ziel. | Foto: Cor Vos

"Im Rennen hatte ich mich gut gefühlt und auch die Zwischenzeiten waren sehr gut. Da wäre ein Top-Ergebnis drin gewesen“, war sich Walscheid sicher. Da dies zugleich auch das letzte Zeitfahren seiner Saison war, gab es keine weiteren Möglichkeiten, noch mal zu "glänzen.“ Am Projekt Zeitfahren will Walscheid aber festhalten und 2023 einen neuen Anlauf nehmen. "Ich will voll angreifen. Die WM ist ein großes Ziel, dort möchte ich unbedingt fahren und ich bin auch optimistisch, dass wir ein besseres Setup für mich finden“, so Walscheid, der nach einer enttäuschenden Zeitfahr-DM 2022 im nächsten Jahr wieder um die Goldmedaille fahren will.

Außerdem hat sich Walscheid zum Ziel gesetzt, bei den Frühjahrsklassikern an seine 2022 gezeigten Leistungen anzuknüpfen und bei den Rennen der zweiten Reihe wie Nokere Koerse, GP Denain und dem Scheldeprijs im Vorderfeld zu landen. "Aber auch bei Gent-Wevelgem möchte ich mich vorne platzieren“, sagte Walscheid abschließend.

Mehr Informationen zu diesem Thema

27.12.2022Fahrer des Jahres 2022: Küng freut sich über Strassacker-Trophäe

(rsn) – Eine Woche hatte Stefan Küng zuhause, bevor sich der Schweizer von Frauenfeld wieder verabschieden musste, um am heutigen Dienstag die nächste Trainingslager-Reise in Angriff zu nehmen.

19.12.2022Die Radsport-News-Jahresrangliste 2022 im Überblick

(rsn) – Auch in diesem Jahr hat Radsport News wieder mit Hilfe eines eigens dafür erstellten Punkteschlüssels den besten Fahrer des deutschsprachigen Raumes ermittelt. In unserer Rangliste 2022 fi

19.12.2022Ein Super-Jahr trotz zwei schmerzhafter Niederlagen

(rsn) – 2022 war das Jahr des Stefan Küng (Groupama - FDJ). Im Juni feierte der Schweizer die Geburt seines ersten Sohnes Noé und sportlich lief es über die gesamte Saison hinweg glänzend. Küng

18.12.2022Eine Hüft-OP ebnete den Weg zurück auf die Siegerstraße

(rsn) – Ein ganz großer Sieg wie beim Flèche Wallonne oder der Tour-Etappe in Sarran im Jahr 2020 sprang in dieser Saison zwar nicht für ihn heraus, doch mit insgesamt vier ersten Plätzen bei kl

17.12.2022Vom ersten bis zum letzten Rennen Leistung abgerufen

(rsn) – In seinem zweiten Profijahr gelang Mauro Schmid zwar kein Coup wie 2021, als er eine Etappe des Giro d‘Italia gewann. Doch bei seinem neuen Team Quick-Step Alpha Vinyl machte der Schweizer

15.12.2022In der Romandie geglänzt, bei der Tour tragischer Held

(rsn) – Er war der tragische Held der Tour de France – nicht nur aus deutscher Sicht, sondern auch für die internationalen Fans: Simon Geschke (Cofidis) kämpfte bis zur letzten Bergetappe wacker

14.12.2022Zunächst konstant stark, dann von Corona ausgeknockt

(rsn) - Auch wenn ihm in der Saison 2022 deutlich weniger Siege gelangen als noch im vergangenen Jahr, so wusste Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) mit einer deutlichen Leistungssteigerung zu beeindru

13.12.2022Nach den Klassikern aus dem Loch herausgearbeitet

(rsn) – Auch wenn er im Frühjahr wegen Krankheiten nicht die gewünschten Ergebnisse einfahren konnte und im Sommer bei der Tour de France leer ausging, fällt Nils Politts Saisonbilanz positiv aus

12.12.2022Nach langem Leidensweg Befreiungsschlag in der Schweiz

(rsn) – Es war eine der beeindruckendsten Triumphfahrten der gesamten Saison 2022: Als Bob Jungels (AG2R Citroën) am 10. Juli durch die Schweiz rauschte und in Chatel am Rande des Skigebiets Les Po

11.12.2022Immer wenn er fit war, kam etwas dazwischen

(rsn) – Nach fünf Jahren bei Bora – hansgrohe und der großen Enttäuschung über die verpasste Tour de France 2021 entschied sich Pascal Ackermann für einen Tapetenwechsel und heuerte bei UAE

10.12.2022Die Beständigkeit in Person

(rsn) – Der Wechsel von DSM zu Movistar hat sich für Max Kanter gelohnt. Der 25-Jährige muss zwar weiter auf seinen ersten Sieg warten, doch mit 29 Top-Ten-Resultaten war er der beständigste Erge

09.12.2022Corona raubte alle Chancen auf einen erfolgreichen Sommer

(rsn) – Etappensiege beim Giro d`Italia und der Tour de Suisse, dazu Rang fünf bei der Vuelta a Espana, die er als Edelhelfer für den Gesamtdritten Jack Haig bestritt: Gino Mäders Saisonbilanz 20

Weitere Radsportnachrichten

02.02.2025“Zurück im Freien“ - Evenepoel trainiert wieder auf der Straße

(rsn) – Remco Evenepoel hat fast zwei Monate nach seinem Trainingsunfall Anfang Dezember erstmals wieder im Freien mit dem Rad trainiert. Knapp 65 Kilometer mit 413 Höhenmetern fuhr der Zeitfahr-We

02.02.2025UCI veröffentlicht Cross-Weltcup-Kalender 2025/2026

(rsn) - Am Rande der Cross-Weltmeisterschaften in Liévin hat der Radsport-Weltverband UCI den Kalender für den Cross-Weltcup 2025/2026 bekanntgegeben. Große Veränderungen zu der abgelaufenen Saiso

02.02.2025Brand: “Ich weiß nicht, was ich davon halten soll“

(rsn) – Besonders glücklich sah Lucinda Brand nach ihrem zweiten Platz bei den Cross-Weltmeisterschaften im französischen Liévin nicht aus. Mürrisch, ja beinahe weinend nahm sie auf dem Podium d

02.02.2025Ferron mit dem besten Timing an der Uni zum Marseillaise-Sieg

(rsn) – Valentin Ferron hat den 46. Grand Prix de La Marseillaise (1.1) gewonnen. Der 26-jährige Franzose setzte sich nach 164,2 Kilometern im Sprint eines rund 35-köpfigen Fahrerfeldes durch, das

02.02.2025Regenbogenrekord! Van der Poel macht überlegen den siebten Titel klar

(rsn) – Mit sieben WM-Titeln im Cyclocross war Erik de Vlaeminck 52 Jahre lang Rekordhalter, nun muss er diese Bestmarke mit Mathieu van der Poel teilen. Der Niederländer brauchte in Liévin wenige

02.02.2025UCI verbietet wiederholte Kohlenmonoxid-Einatmung

(rsn) – Ab dem 10. Februar 2025 wird die wiederholte Einatmung von Kohlenmonoxid per UCI-Regularien verboten sein. Das teilte der Radsport-Weltverband in einer Pressemitteilung am Rande der Cross-We

02.02.202599 Fluchtkilometer: Lipowitz macht aus Trofeo Palma hartes Training

(rsn) – Florian Lipowitz (Red Bull – Bora – hansgrohe) hat die auf Sprinter ausgerichtete Trofeo Palma (1.1) zum Abschluss der Mallorca Challenge zwar nicht gewonnen - das tat der Portugiese Iur

02.02.2025Bahn-Olympiasieger Leitao düpiert die Sprinter in Palma

(rsn) – Iúri Leitao hat am letzten Tag der Mallorca Challenge einen überraschen Sieg für sein Team Caja Rural – Seguros RGA eingefahren. Der 26-Jährige setzte sich 400 Meter vor der Ziellinie

02.02.2025Bäckstedt verteidigt souverän ihr Regenbogentrikot

(rsn) – Topfavoritin Zoe Bäckstedt hat ihren U23-Titel bei der Cross-WM in Liévin verteidigt. Nach einer Auftaktrunde, in der sie sich viele technische Fehler leistete, fuhr die Britin ihrer Konku

02.02.2025Agostinacchio stürmt mit gebrochenem Schuh zum WM-Titel

(rsn) – Ein Jahr nachdem Stefano Viezzi in Tabor das Regenbogentrikot bei der Cross-WM der Junioren nach Italien geholt hatte, ist in Liévin mit Mattia Agostinacchio erneut ein Mann in einem azurbl

02.02.2025Schmid macht es wie 2023 und diesmal klappt es mit dem Sieg

(rsn) – Mauro Schmid (Jayco – AlUla) hat beim Cadel Evans Great Ocean Road Race zu Ende gebracht, was er an selber Stelle vor zwei Jahren begonnen hatte: Der Schweizer Meister sicherte sich mit ei

01.02.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum RSN-Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über d

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Cadel Evans Great Ocean Road (1.UWT, AUS)
  • Radrennen Männer

  • Grand Prix la Marseillaise (1.1, FRA)
  • Trofeo Palma (1.1, ESP)