Müllers Uruguay-Tagebuch

Unterwegs mit auffälligen Fahrern und einem Vollidioten

Von Robert Müller

Foto zu dem Text "Unterwegs mit auffälligen Fahrern und einem Vollidioten"
Robert Müller | Foto: privat

06.04.2023  |  (rsn) - Hola de Tacuarembo, Uruguay. Der Tag begann schon um sechs Uhr, denn vor dem Start um 8:30 Uhr hatten wir noch einen einstündigen Transfer zu absolvieren. Die ganze Rundfahrt-Karawane stoppte mitten im Nirgendwo am Straßenrand 200 Kilometer vom Zielort entfernt, wir luden die Räder vom Truck und stellten fest, dass wir Gegenwind haben würden. Die Strecke führte nämlich eben diese 200 Kilometer ohne Kurve auf dieser Straße entlang, es sollte also ein langer Tag werden.

Am Anfang fuhr ich ein bisschen bei den Attacken mit, woraus zum Glück aber nichts wurde. Denn eigentlich wollte ich gar nicht in die Gruppe des Tages. Reinier (Marmelde), der seine 32. Saison fährt, schaffte nach etwa 20 Kilometern aber den Sprung nach vorne und damit mussten wir im Feld nichts fürs Tempo tun, was wir aber sowieso nicht getan hätten. Das Tempo war auf den nächsten 100 Kilometern relativ gemächlich und im Feld konnte man nach der Devise ein Tritt – kein Tritt mitrollen, also jeden zweiten Tritt auslassen. Dabei wurde es zwischendurch schon auch etwas langweilig.

Es gab nämlich auf der ganzen Strecke nichts weiter zu sehen als unendliche grüne Schaf- und Rinderweiden, ohne Menschen und ohne Siedlungen. Der Wind kam mal etwas mehr von rechts und mal etwas mehr von links vorne, mehr Abwechslung gab es nicht. Ich vertrieb mir die Zeit mit Flaschen am Auto holen und pinkeln gehen. Immerhin wurde es bald hügeliger als auf den bisherigen Etappen und man konnte mal aus dem Sattel gehen, aufs kleine Blatt schalten war jedoch nicht nötig.

Im Feld gibt es ein paar Fahrer, die mir bisher aufgefallen sind, darunter einen, der aussieht wie ein Bahnsprinter und doppelt so breit ist wie ich. Ein anderer, schon älterer Fahrer hat hingegen eine Wampe und ist so etwas wie der Patron des Feldes. Dann gibt es einen großen dünnen Typen, der ständig von hinten kreuz und quer durchs Feld nach vorne hackt wie die Axt im Walde. Ein Vollidiot hat sich heute in einer Abfahrt in die Hose gepinkelt und die Fahrer hinter sich eingesaut und als er fertig war, mit seiner Flasche nachgespült.

Die Spitzengruppe fuhr maximal sechs Minuten Vorsprung heraus, der Richtung Finale jedoch schnell zusammenschmolz, denn sie sind im Gegenwind jämmerlich `verreckt`. Auf den letzten 20 Kilometern wurde es schnell und hektisch und es gab wieder ein paar Stürze, darunter ein Massensturz wegen eines nicht abgesicherten Fahrbahnteilers. Der Sturz passierte auf meiner Höhe auf der linken Seite des Teilers, ich fuhr glücklicherweise gerade auf der rechten Seite. Danach beschloss ich, genug gesehen zu haben und hielt mich aus dem Sprint raus, obwohl die Beine noch etwas hergegeben hätten.

Am Ende war keiner von uns ganz vorne dabei, aber auch keiner gestürzt, und wir hatten für die 200 Kilometer fünfeinhalb Stunden gebraucht. Die Windrichtung kann auf so einer Distanz locker einen Unterschied von einer Stunde bei der Renndauer machen. Das Hotel und die Kantine waren nicht weit vom Ziel entfernt, jedoch kam mein Rucksack erst am Abend im Hotel an. Morgen früh haben wir einen 200 Kilometer langen Transfer nach Melo, wo dann Start und Ziel der 7. Etappe über 153 Kilometer sind. Der Wind müsste also mal aus jeder Richtung kommen.

Morgen gleiche Stelle gleiche Welle
Gez. Sportfreund Radbert

Mehr Informationen zu diesem Thema

10.04.2023Es war eine erfolgreiche Resozialisierung ins Peloton

(rsn) - Hola de Montevideo, Uruguay. Am elften Tag stand heute die 10. und letzte Etappe über nochmal 200 Kilometer an. Frühstück gab es in der Unterkunft im Fußball Stadion nicht, es wurden also

09.04.2023Massenschlafsaal als Unterkunft und Götterspeise zum Nachtisch

(rsn) - Hola de Punta del Este, Uruguay. Heute Morgen gab es in dem Schullandheim, in dem wir untergebracht waren, nur kalten Reis von gestern und Äpfel zum Frühstück, mehr nicht. Zum Start konnte

09.04.2023Auf der letzten Rille noch den Zug nach vorn erwischt

(rsn) - Hola de Rocha, Uruguay. Der Wecker klingelte kurz vor sechs Uhr und es gab sogar ein bescheidenes Frühstück. Der wieder über 200 Kilometer lange Transfer zum Start sollte 6:30 Uhr starten

07.04.2023Zu viele Fragen darf man hier nicht stellen

(rsn) - Hola de Melo, Uruguay. Heute sollte es bereits um sechs Uhr Frühstück geben, gab es aber nicht. Das kommt hier manchmal vor, sagt uns vorher aber niemand. Überhaupt läuft die Kommunikatio

05.04.2023Gegen die Zahnschmerzen gab es eine Spritze in den Hintern

(rsn) - Hola de Paysandu, Uruguay. Heute Morgen suchte mein belgischer Teamkollege Kim den Rennarzt auf, da er in der Nacht wegen starker Zahnschmerzen kaum schlafen konnte. Der Arzt meinte, er hätte

04.04.2023Nach Abbruch: Die Letzten waren diesmal tatsächlich die Ersten

(rsn) - Hola de Mercedes, Uruguay. Heute konnte ich länger schlafen, erwachte aber zum unschönen Prasseln des Regens ans Fenster des Hotelzimmers. Ich habe wohl das Wetter zu voreilig gelobt, denn

03.04.2023Reinier ist trotz Windkantenstress wohl nicht ausgelastet

(rsn) - Hola de Trinidad, Uruguay. Der Tag begann für mich wieder sehr früh, denn wegen des Jetlags (es ist hier fünf Stunden früher als in Deutschland) war ich bereits gegen 4:30 Uhr wach und kon

02.04.2023Ohne Profil und Streckenkarte wurde es eine Fahrt ins Blaue

(rsn) - Hola de Durazno, Uruguay. Heute früh (Freitag, d. Red.) herrschte etwas Aufregung, weil alle unsere Ersatzlaufräder verschwunden waren. Sie sind deutlich beschriftet, also glaubten wir nicht

01.04.2023Was an Bergen fehlt, macht der starke Wind absolut wett

(rsn) - Hola de Montevideo, Uruguay. Heute ging die Rundfahrt mit der ersten Etappe über 172 km richtig los, und zwar härter, als mir lieb war. Uruguay ist ja ein ziemlich flaches Land, es gibt kein

31.03.2023Beim Prolog im Dunkeln lief es wie erwartet schlecht

(rsn) - Hola de Colonia, Uruguay. In den nächsten zehn Tagen werde ich hier von der 78. Vuelta Ciclista del Uruguay berichten, der ältesten Rundfahrt Amerikas. Sie findet in der uruguayischen Touris

Weitere Radsportnachrichten

12.03.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum RSN-Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über d

11.03.2025Nimmt sich Milan für Mailand-Sanremo Ganna als Maßstab?

(rsn) – Bei der UAE Tour gelangen Jonathan Milan (Lidl – Trek) genau wie Tim Merlier (Soudal – Quick-Step) gleich zwei Etappensiege. Nun legte der Belgier bei Paris-Nizza zwei weitere nach, ehe

11.03.2025Machen Jorgenson und Vingegaard den Sieg unter sich aus?

(rsn) – Einen starken Eindruck hinterließen Jonas Vingegaard und Matteo Jorgenson (beide Visma – Lease a Bike) im Teamzeitfahren des 83. Paris-Nizza. Mit einem Vorsprung von 14 Sekunden auf das a

11.03.2025Die Strecke der Vuelta Femenina 2025

(rsn) – Die 11. Vuelta Femenina, die Spanien-Rundfahrt der Frauen, wird vom 4. bis 10. Mai 2025 von Barcelona quer durch den Norden Spaniens nach Asturien führen und dort mit einer schweren Bergank

11.03.2025Highlight-Video der 2. Etappe von Tirreno-Adriatico

(rsn) – Jonathan Milan (Lidl – Trek) hat die 2. Etappe des 60. Tirreno-Adriatico gewonnen. Der 24-jährige Italiener setzte sich nach perfekter Vorbereitung seines Teams über 192 Kilometer von Ca

11.03.2025Visma setzt den Zeitfahrplan perfekt um, Red Bull Dritter

(rsn) – Deutlicher Favoritensieg im Mannschaftszeitfahren von Paris-Nizza: Visma – Lease a Bike hat die 3. Etappe der Fernfahrt über 28,4 Kilometer für sich entschieden. Für Matteo Jorgenson un

11.03.2025Aus dem Vorjahr gelernt: Milan holt sich in Follonica den Sieg

(rsn) – Am zweiten Tag von Tirreno-Adriatico waren die Sprinter am Zug. Auf den 192 Kilometern zwischen Camaiore nach Follonica gab es lediglich eine Bergwertung, so kam es zum Kräftemessen der sc

11.03.2025Vingegaard wehrt sich: “Wir sind keine Maschinen“

(rsn) – Mit einem weiteren denkwürdigen Auftritt bei der Strade Bianche hat Tadej Pogacar (UAE Team Emirates – XRG) eindrucksvoll unterstrichen, nicht nur der beste, sondern auf der spektakulärs

11.03.2025Fünf Wochen nach Sturz: Kudus aus dem Krankenhaus entlassen

(rsn) – Rund fünf Wochen nach seinem schweren Sturz in der Anfangsphase des Grand Prix de La Marseillaise (1.1) hat Merhawi Kudus (Burgos - Burpellet - BH) das Krankenhaus in Burgos verlassen könn

11.03.2025Trofeo Alfredo Binda im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) - Das erstmals 1974 ausgetragene italienische Eintagesrennen Trofeo Alfredo Binda - Comune di Cittiglio (1.WWT) zählt zu den prestigeträchtigsten Rennen im Rennkalender der Frauen. Das hügel

11.03.2025Startzeiten und Modus zum Teamzeitfahren bei Paris-Nizza

(rsn) – Das 28,4 Kilometer lange Mannschaftszeitfahren von der Motorsport-Rennstrecke Magny-Cours in die nahegelegene Stadt Nevers wird das Gesamtklassement beim 83. Paris-Nizza (2.UWT) zweifelsfrei

10.03.2025Ayuso hält die Konkurrenz um den Gesamtsieg in Schach

(rsn) – Filippo Ganna (Ineos Grenadiers) war beim Auftaktzeitfahren von Tirreno-Adriatico (2.UWT) in seiner eigenen Liga unterwegs. Er schlug die Konkurrenz um 23 Sekunden. Der Abstand zwischen ihm

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Paris-Nice (2.UWT, FRA)
  • Tirreno-Adriatico (2.UWT, ITA)