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15.07.2017 | (rsn) - Vorweg ein paar "angeschwitzt, knackige“ Minuten auf der Rolle. Im Hauptgang einhundert und eins "bezaubernde“ Kilometer, garniert mit drei "herausragenden“ Cols, serviert an übertrieben lauten Straßen. Und zum Dessert einen obligatorischen Kirschsaft mit anschließenden 50 Minuten "Wohlfühlmassage“ ganz nach Geschmack.
All das im Spezial-Festtagsangebot für ein Invest von nur knapp drei Stunden Fahrzeit. Und nur heute: Sonderrabatt in Höhe von 13,5 Prozent für den schnellsten Franzosen! Das macht unglaubliche 2:36:29 h für einen Etappensieg. So schnell standen Sie noch nie bei der Tour auf dem Podium!
Man merkte heute, wie nervös doch alle waren, da diese kurzen Etappen wirklich nicht kalkulierbar sind. Die meisten Kollegen fuhren sich also wirklich auf der Rolle warm, obwohl die ersten Kilometer nicht gleich zu sehr ansteigend verliefen - und ein Fehler war das in keinem Fall. Bei Kilometer 0 hieß es nämlich direkt: "Haste was, kannste was!“ und unglaublich, aber wahr - die erste Attacke des Tages kam tatsächlich direkt vom späteren Etappensieger Warren Barguil persönlich.
Verfolgt wurde er von keinem Geringeren als unserem Titi Voeckler (heute "unverchromt“), aber da die ersten Kilometer zu hektisch verliefen, wurden die beiden erst mal relativ schnell wieder gestellt. Wir erfreuten uns also an einem Höllentempo bis zum ersten Anstieg und sind somit in selbigen auch volles Rohr rein gezimmert. Ein Blick auf meinen "Wattomat“ (mein Pioneer Powermeter) zeigte da auch für einen nicht unerheblichen Zeitraum "500W“ an und mir war in dem Moment klar, dass ich das nicht würde lange halten können.
Folglich reduzierte ich meinen Power-Output etwas und war mit der Taktik auch recht schnell in guter Gesellschaft. Sibi (Marcel Siberg) und Bernie (Eisel) gesellten sich zu mir und wir fuhren in einem realisierbar hohen Tempo vor zur nächsten großen Gruppe, in der sich dann auch schon die üblichen verdächtigen „Dicken“ trafen. Mein Teamkollege Dylan Groenewegen zum Beispiel war da auch mit von der Partie.
Wie vor einigen Tagen schon mal angesprochen, ist es "always good to have an Eisel in the Gruppetto“, denn der Junge ist einfach nicht zu ersetzen. Was Bernie am Berg kontrolliert in Kauf nimmt, versucht er, in den Abfahrten wieder rauszuholen. Er ist alle Abfahrten von vorne geknallt und auf diesen Passagen müssen wir heute definitiv Zeit gewonnen haben. Meine Herren!!!! So wie wir da runter gehafert sind, kann kein anderer gefahren sein. Ich konnte teilweise die Gruppe kaum halten. Hier wäre mal eine Statistik interessant, über die Transponder müsste das ja möglich sein.
Ansonsten kam natürlich auch heute wieder von allen Seiten der Support in Form von Meldungen über unseren Zeitrückstand und wir hatten vorher errechnet, dass wir mit 26-28 Minuten reinkommen müssten. Am Ende waren es 21 Minuten (rund 13,5% der Siegerzeit) Verspätung für uns und wir waren damit zum Glück mehr als "safe". Insgesamt war das natürlich auch sehr hart wieder heute, aber durch die gute Gruppe und auch ganz gute Beine meinerseits würde ich diesen Tag durchaus als "ok“ einstufen. Auch wenn wir als letzte Gruppe reinkamen, hatten wir doch allen Grund zur Freude.
Durch den Nationalfeiertag war heute (Freitag) natürlich auch echt richtig was los an der Strecke. An sich ist es jeden Tag ja sehr voll, aber an einem Tag wie heute ist das schon auch noch mal mehr besonders. Aufgrund der Region, in der wir momentan unterwegs sind, zieht es auch viele baskische Fans an die Straßen und auch das fällt auf. Der neueste Trend am Wegesrand scheint allerdings zu sein, sich auch mal "schön einen reinzuziehen“, denn so oft, wie es hier inzwischen nach "Gras“ riecht, könnte man glatt denken, es seien nur Holländer da. Aber im Ernst: Teilweise, wenn man langsam am Berg unterwegs ist, muss man beinahe aufpassen, nicht passiv zu viel einzuatmen und dann den Anstieg noch entspannter zu nehmen… Das ist mir in den letzten Jahren allgemein nie so stark aufgefallen.
In der Gruppe heute dachte ich eine Zeit lang übrigens wirklich, dass auch Titi mit dabei gewesen sein muss, da es nämlich auch hin und wieder stark nach Parfum duftete in unserer Männerrunde. Wie sich dann aber herausstellte, war es aber nicht Titi, sondern Marcus Burghardt, der hier dufttechnisch mehr als gut aufgelegt war und ich hatte mich auch etwas gewundert, da es nicht "Allure“ war. Kurzerhand stellte ich "Burgi“ also zur Rede und brachte in Erfahrung dass es sich dabei um "Dsquared“ handelt. Burgi war im Übrigen im Flachen noch fleißig mit dabei und hatte versucht, in einer der vielen Gruppen zu landen, was aber leider immer wieder vereitelt wurde. Ihm wäre das zu gönnen, und dass er in solche Gruppen gehen kann, hat er ja schon mehrfach bewiesen.
Ich überlege jetzt, ob ich nach der Tour mal an "Wetten, dass…“ schreibe: Robert W. aus MD wettet, dass er 20 von über 200 Rennfahrer der Tour de France am Duft erkennt! …Und dann sieht man, wie Titi auf seinem verchromten "Rentnerrad“ in das Studio rollt und der Rahmen im Lichte der Scheinwerfer funkelt… Und da wir ja wissen, dass inzwischen hier auch der eine oder andere TV-Journalist heimlich mitliest: Leitet die Idee doch gerne mal weiter!
Ansonsten war es natürlich auch mal ganz schön heute, dass wir erst um 15 Uhr am Start sein mussten und ich konnte "fast“ ausschlafen. Mein Wecker riss mich erst um 10 Uhr aus dem Schlaf - und das macht er an sich nicht oft. Immerhin komme ich ja auch aus Sachsen-Anhalt, "dem Land der Frühaufsteher“. Man merkt also, dass der Körper allmählich mitbekommt, was hier läuft, und muss sich demnach auch damit anfreunden. Aber das ist natürlich auch nicht ungewöhnlich nach inzwischen knapp zwei Wochen Tour. Im Gegenteil - es wäre seltsam, wenn nicht! Insgesamt und grundlegend fühle ich mich aber wirklich gut und ich denke, der Blog wird noch ein paar Tage weiterlaufen.
Auf der Samstagsetappe wird es nicht zu hoch hinaus gehen, aber dennoch wird es ekelhaft, weil: den ganzen Tag lang wellig. Da wird man wahrscheinlich immer mal wieder abgehangen und kommt dann wieder zurück. Allerdings ist die Frage, wie lange man dieses Spiel mitspielen möchte. Das Finale wird sehr Klassiker-like und daher wird auch genau dieser Fahrertyp gefragt sein.
Vor zwei Jahren gewann in Rodez, wo wir unser Etappenziel haben werden, Greg van Avermaet vor Peter Sagan - da wissen wir also, was uns erwartet. Aus unserer Sicht könnte das auch was für Paul (Martens) sein - drücken wir ihm die Daumen, dass er einen guten Tag erwischt und sich mal zeigen kann. Aber vielleicht kommt ja auch mal eine Gruppe an. Wäre sicherlich auch mal an der Zeit langsam.
Wir wünschen Euch nun ein schönes Wochenende und empfehlen uns…bis morgen.
Euer Wagi und Paddi
PS: Wir freuen uns sehr, dass Ihr alle so viel Spaß beim lesen des Blogs habt.
Wenn ihr mögt, schaut Euch doch mal Paddi s Buch über die Tour im letzten Jahr an - das wird
Euch definitiv auch gefallen. Wagi kommt dabei natürlich auch nicht zu kurz. "DNF - Dienstreise Nach Frankreich“ ist pünktlich zum Tourstart 2017 erschienen und es werden
5€ je verkauftem Buch an den deutschen Radsport-Nachwuchs gespendet.
Alle Infos unter: www.dienstreise-nach-frankreich.de
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