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12.07.2017 | (rsn) - Etappe Numero 10 durch die Dordogne war in doppelter Hinsicht besonders. Einerseits kennen wir die Region hier wie erwähnt noch aus U23-Zeiten und andererseits war auch Paddi an diesem Dienstag nochmal zu Gast bei der Tour. Somit waren der Dicke und der Belgier tatsächlich nochmals, wenn auch nur kurz, vereint.
Zur Feier des Tages gibt es dazu auch ein kleines Video am Ende des Textes. So richtig viel Zeit für ein tiefgründiges Filmchen war so auf die Schnelle nach dem Rennen natürlich nicht - und um ehrlich zu sein, wollen wir Euch ja auch nicht um Euer Leseabenteuer des Tages bringen, aber vorenthalten wollten wir es auch nicht. Wir empfehlen also: Begebt Euch in die #wagnerrechte, lest in Ruhe den Text und schaut Euch als Dessert noch kurz das Video an.
Entgegen unseren bisherigen, laktatreichen Erfahrungen mit der Dordogne war die Etappe wider Erwarten richtig schön. Schon rein landschaftlich konnte sich das hier absolut sehen lassen und zur größten Freude scheinen die Franzosen jetzt hinsichtlich ihrer Straßenbeläge im 21. Jahrhundert angekommen zu sein. Es gibt nämlich vielerorts in Frankreich einen ganz typischen und unangenehmen - den "französichen“ - Asphalt. Dieser ist so grob und rau und holperig, dass Du eigentlich immer denkst, es hält Dich jemand fest. Im Idealfall ist der Belag auch noch von der Sonne aufgeweicht und es geht bei latentem Gegenwind leicht bergauf, während Du irgendwo in der Reihe hängst und "klemmst“. Ein absoluter worst case also. Jeder, der das mal erlebt hat, weiß genau, wovon ich spreche.
In Erwartung dieses unschönen Umstandes ging es heute also los, aber ich war am Ende schon fast ein bisschen enttäuscht, dass der Ekel-Belag fast nirgends mehr existierte und durch einen nagelneuen ersetzt worden war. Auch insgesamt fuhren wir heute eigentlich eine sehr gut zu absolvierden Strecke. Die schlimmsten Anstiege wurden umfahren und der Weg zum Ziel hatte einen regelrechten Flow. In Verbindung mit der neugebauten "deutschen Autobahn“ also wirklich eine Etappe, die mir nach dem Ruhetag ordentlich in die Karten spielte. Danke, liebe Organisatoren!
Während ich also wieder gut ins Rennen reinkommen konnte, spielte sich an der Spitze des Rennen das ab, was zu erwarten gewesen war: Einer von Wanty griff an, einer von Fortuneo fährt kurze Zeit später mit und schwupps - die Gruppe des Tages steht. Wie es schien, war das auch für alle absolut ok so. Allerdings wollte auch BMC dann eine Zeit lang noch noch jemanden hinterher schicken, aber das wollte dann wohl das Feld nicht. Zwei Konterattacken gab es, dann hat BMC wohl gemerkt, dass sie es mal lieber sein lassen sollten… Die beiden Spitzenreiter eierten also weg und nach einer Weile kamen wieder die üblichen Verdächtigen an die Spitze.
Julien Vermote machte den Anfang und etwas später folgte ihm dann Lars Bak. Der Lars schien sich aber am Ruhetag so erholt zu haben, dass er meinte, die fünf Minuten Rückstand gleich mal innerhalb von fünf Kilometern zuknallen zu müssen. Der hatte so richtig Bock heute! Da ging schon wieder ein Rück durchs Feld, der einen denken ließ, das Finale wäre 60 Kilometer vorverlegt worden. Das Schauspiel ging sogar so weit, dass einzelne Fahrer zu Lars nach vorne fuhren und ihm kurz erklärten, dass wir noch nicht gleich da sind. Ganz nach dem Motto: "Ruhig Brauner!“. Er schaltete dann auch einen Gang zurück und machte seinen exzellenten Job weiter.
Zwischendurch dachte ich dann eine ganze Weile lang auch mal, ich fahre hinter unserem Kumpel Titi Voeckler. Aber beim genaueren Analysieren der Lage musste ich feststellen, dass es drei seiner Teamkollegen waren, die mich da auf eine falsche Fährte gelockt haben. Die Jungs standen dem Thomas auf jeden Fall dufttechnisch in nichts nach, und ich glaube inzwischen, der Sportliche Leiter gibt morgens im Team immer die Anweisung, welcher Duft für alle auf der Tagesordnung steht. In den Flachetappen was Kräftiges und in den Bergen bestimmt eher was Leichtes…
Ansonsten konnte ich heute mal die Zeit nutzen und habe mich mit nahezu allen deutschen Fahrern unterhalten. Ich muss sagen, die Jungs sind alle sehr gut drauf, und wenn man sich das Ergebnis der Etappe ansieht, unterstreicht das wohl auch diesen Eindruck. Drei Deutsche unter den ersten Vier. Wo gibt's denn sowas?
An dieser Stelle will ich hier auch unbedingt mal auf unsere Jungs hinwiesen, die ihre erste Tour fahren und die sich absolut großartig verkaufen. Nils Pollitt und Jasha Sütterlin machen einen mega Job. Rick Zabel fährt sogar mit zwei gerissenen Bändern in der Schulter rum und Rudi Selig kommt auf Platz vier ins Ziel. Ich will es mal so sagen: Die nächsten Jahre werden aus deutscher Sicht auf jeden Fall geil! Gratulation an Euch alle.
Sieg Nummer vier von Marcel und Platz zwe von Dege setzen dem Ganzen natürlich noch die Krone auf und ich bin gespannt, ob Marcel auch mal einen "Ruhetag“ einlegt. Vielleicht haben wir anderen dann auch mal 'ne Chance? Ganz im Ernst: Marcel muss momentan schon wirklich viel falsch machen, damit er nicht gewinnt, und der neue deutsche Rekord im Bezug auf die Etappensiege ist somit wohl auch mehr als verdient! Vielleicht lässt sich Marcel aber auch mal was Neues einfallen, um die Sache etwas spannender zu machen. Dass er das kann, hat er ja kürzlich schon bewiesen. Ich sag nur: 6 Millimeter!
Wir können heute im Team mit Platz drei sicherlich auch zufrieden sein, aber wir wollen natürlich endlich den Etappensieg. Wir glauben an unseren Dylan und wir wissen, dass er es auch drauf hat! Laut einer Statistik der Tour ist Dylan übrigens den schnellsten Sprint gefahren, schneller als Marcel. Dafür können wir uns zwar nichts kaufen, aber das gibt Selbstvertrauen. Ich selbst bin heute im Finale mal etwas eher an der Spitze gewesen und habe zischen Kilometer 2 und 1 noch mal die Jungs vorgefahren. Normalerweise komme ich erst auf den letzten 1000 Metern an die Reihe, aber wir mussten heute etwas improvisieren. Das übliche Gerangel im Kampf um die guten Positionen erfordert also teilweise auch etwas Kreativität, wie Ihr seht.
Morgen (Mittwoch) wird nach 203 Kilometern sicherlich noch mal gesprintet und vielleicht bekommen wir ja eine schöne Chance! Pau ist übrigens als Zielort einer der Orte mit den meisten Auftritten der Tourgeschichte. Um die 60 Mal gab es dort wohl schon eine Zielankunft, beeindruckend! Wer da wohnt, hat Glück!
Ein letzter Funfact, der mir heute im Rennen immer wieder durch den Kopf ging ist noch der hier: Als wir mit Paddi noch in Gera im Sportinternat wohnten, hatten wir dort einen Kumpel namens Bernd. Bernd wusste immer gut Bescheid, wo wir wann zur Rundfahrt hinfuhren und er bestellte sich dann immer mal ein paar regionale Köstlichkeiten, die wir ihm gerne mitbringen durften, wenn es die Zeit erlaubte. Hier in der Region ist "Foie gras“ (Gänsestopfleber) so ein Produkt. Und weil das heute immer wieder am Wegesrand zu lesen war, musste ich andauernd an Bernd denken. Der fuhr also quasi mit. An dieser Stelle: Viele Grüße!
Nun viel Spaß beim Video und später viel Spaß bei Etappe 11.
Der Dicke und ich melden uns wie gewohnt morgen wieder.
PS: Wir freuen uns sehr, dass Ihr alle so viel Spaß beim lesen des Blogs habt. Wenn ihr mögt, schaut Euch doch mal Paddi s Buch über die Tour im letzten Jahr an - das wird Euch definitiv auch gefallen. Wagi kommt dabei natürlich auch nicht zu kurz. "DNF - Dienstreise Nach Frankreich“ ist pünktlich zum Tourstart 2017 erschienen und es werden 5€ je verkauftem Buch an den deutschen Radsport-Nachwuchs gespendet. Alle Infos unter: www.dienstreise-nach-frankreich.de