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16.07.2017 | (rsn) - Die Tour bleibt spannend, Froomey hat seine gelbe Trikotage zurück, Aru fährt nun wieder als "Italiener“ durch Frankreich, und dieses Finale heute (Samstag) war auf jeden Fall mal wieder so richtig schön spektakulär. Dass am Ende genau die Jungs vorne um den Sieg sprinten würden, die wir dann tatsächlich auch gesehen haben, war wohl zu erwarten. Man musste auch kein Prophet sein, um zu wissen, dass Michael Matthews das kann - andererseits: Zwischen Prognosen und der Realität liegen immer noch Welten.
Aus genau diesem Grunde habe ich heute früh auch in der 20-minütigen Neutralisation mal meine guten Kontakte im Peloton etwas "spielen lassen“ und mich bei den anderen Teams hinsichtlich der Taktik ein wenig umgehört. Nun ist es freilich nicht so, dass ich da einfach zu den Fahrern gehe und die dann einfach alle Geheimnisse offenbaren. Aber man kann ja mal fragen, wo die Reise so hingeht.
Und dass BMC und Sunweb heute was vorhatten, naja, das war ja kein Geheimnis. Ich fragte also bei Simoni (Simon Geschke, Sunweb) nach, was er denn dazu sagen würde, dass man heute sein Glück in einer Gruppe sucht. Ein kurzer Blick von ihm und die Antwort "lass mal lieber“ waren Info genug. Nicht dass Ihr jetzt denkt, Euer Wagi wird langsam verrückt und will hier zum Ausreißer werden - den Zahn kann ich Euch direkt wieder ziehen: Ich war genau EIN MAL in meiner Karriere in so einer Gruppe. Das hat mich rund zehn Jahre meines Lebens gekostet und kommt deshalb nicht noch mal vor.
2014 bei der Vuelta bin ich "aus Versehen“ mit Granaten wie Luis León Sánchez und Ryder Hesjedal in der Gruppe des Tages gelandet, auf einer richtig dollen Bergetappe noch dazu. Da muss ich heute noch lachen, wenn ich dran denke - obwohl das echt nicht lustig war!
Ich gab also die neu erlangten Insider-Infos auch per Funk an mein Team durch, da ich wusste, dass einige Jungs es heute probieren wollten und durchaus Ambitionen hatten. Allerdings hielt das unseren Timo Roosen nicht davon ab, trotzdem anzugreifen, und ich hätte ihn ja fast um diese Gruppe da vorne beneidet. Fast! Mit Titi Voeckler und Thomas De Gendt hatte er nämlich das große Los gezogen und fuhr nun den ganzen Tag mit unseren "Blog-Heroes“ vorne weg. Er kam quasi in den Genuss des "Duftes der großen Welt“. Titi hatte zwar sein rotes Rad dabei - und nun konnte die ganze Welt auch mal sehen, dass er nur einen Flaschenhalter braucht, aber trotzdem ließ er sich diese Chance nicht entgehen. "Lässig“ war natürlich auch die Aktion von Hollenstein, wie er da noch von hinten vorfährt…die Motivation musst Du erst mal haben. Vielleicht gab es da auch 'ne ordentliche Ansage vom Teamchef?
Für unseren jungen (24 Jahre alten) Timo, dessen komplette Familie aktuell auch mit dabei ist, war es also eine schöne Gelegenheit, sich hochmotiviert zu zeigen und sich gleichzeitig von "Titi "zu verabschieden. Und Thomas De Gendt zeigte mal wieder, was er unter einem "heißen Ritt“ versteht. Das Rennen lief die ersten knapp 120 Kilometer ja noch sehr kontrolliert und auch gemäßigt schnell, aber ab einem gewissen Punkt ging es dann voll zur Sache.
Die dann folgende De Gendt'sche Performance war echt der Hammer. Der muss da vorne einen solch "heißen Reifen“ gefahren sein, dass er damit den kompletten Asphalt zum Schmelzen brachte. In den Anstiegen haben wir hinten im Feld wirklich förmlich an der Straße festgeklebt - so aufgeweicht war die. Ich weise hiermit auch nochmals eindringlich auf die positiven Eigenschaften von Teflon hin! (siehe Blog von vor einigen Tagen!)
Für mich persönlich lief es eigentlich richtig gut und ich konnte trotz des vielen Windes und der vielen kleinen Anstiege gut mitfahren. Mein Job heute war es, den ganzen Tag bei George Bennett zu bleiben und ihn aus dem Wind zu nehmen. Auch Paul Martens war hier noch mit im Schlepptau und am Ende mit einem starken 15. Platz im Finale dabei. Ich bin im Sinne dieser Aufgabe in den zweiten richtigen Berg ganz von vorne reingefahren, habe die Jungs da abgeliefert und konnte mich dann nach hinten durchsacken lassen. Dann kam der Seitenwind und ich konnte mit der großen Gruppe hinten relativ friedlich ins Ziel fahren, ohne mir groß den Zahn zu ziehen. 30 Minuten hätten wir haben können, 13 Minuten Rückstand hatten wir. Easy.
Im Übrigen haben uns die Franzosen wohl spaßhalber ein kleines "Ei“ gelegt. Die haben aufgeschrieben, dass die zweite Bergwertung im Schnitt 7 Prozent hat. In der Realität kam mir das aber vor wie 15 Prozent - bei dem heißen Asphalt. Und ich war da nicht der einzige…manchmal sprechen Gesichter um einen herum echt Bände.
Wen ich heute auch mal in meiner Gruppe traf - und zwar erstmals - war mein Kumpel Jasha Sütterlin. Der Junge fährt hier wirklich stark wie ein Ochse und ich habe mich schon fast gefreut, ihn auch endlich mal zu "sehen“. Jasha hat den ganz wichtigen Job, sich hier täglich um den kleinen Nairo Quintana zu kümmern. Er passt auf ihn auf und nimmt ihn aus dem Wind, speziell auf Etappen wie heute. Wenn man die beiden nebeneinander sieht, dann macht das auch richtig viel Sinn, denn Nairo ist im Vergleich zu Jasha nur gefühlt ein Viertel so breit und kann sich somit quasi hinter seinem rechten Arm verstecken. Die beiden passen also gut zusammen. Wie ein großer und ein kleiner Bruder. Allerdings ist der kleinere der ältere…
Mein erster Gedanke im Ziel, als ich festgestellt habe, dass Froomey jetzt wieder Gelb hat, galt übrigens Christian Knees. Der darf ab morgen also wieder schön von vorne knechten…back to Business sozusagen.
Dann wird es mit den beiden Anstiegen der ersten Kategorie auch noch mal schön ugly und ich muss es irgendwie schaffen, nach dem ersten Berg wieder ins Feld zu kommen. Es gibt also wieder ein Finale am Anfang für mich.
Am Montag haben wir dann Gott sei Dank ja auch den nächsten Ruhetag, der mir definitiv sehr gut stehen wird. Aber das heißt natürlich auch, dass morgen noch mal alle "all out“ fahren werden und sich niemand schont. Keine Entspannung ohne vorherige Schmerzen also.
Unbedingt muss ich heute noch mal den Niki (Nikias Arndt) loben. Was er im Finale auf den letzten rund zehn Kilometern veranstaltet hat, war 5 Sterne Extraklasse deluxe! Solltet ihr das nicht gesehen haben, gönnt Euch das mal in der Wiederholung. Er hat sich wahnsinnig gut für Michael Matthews in Szene gesetzt und der Etappensieg ist absolut verdient. Die beiden waren vor der Tour extra noch mal in Livigno im Höhentrainingslager und haben sich gezielt auf Etappen wie diese vorbereitet. Wenn so ein Plan dann auch wirklich aufgeht, ist das immer ein riesiger Grund zur Freude!
Tja, und auch wir, Paddi und Wagi, freuen uns aktuell über Euer grandioses Feedback zum täglichen Blog. All die Nachrichten, Mails, Likes und Kommentare geben wahnsinnig viel Motivation und machen richtig Spaß. Da denkt man gar nicht mehr daran, dass es immer noch eine Woche bis Paris ist. Solltet Ihr also noch Fragen haben oder irgendwas loswerden wollen, lasst es uns gerne wissen.
Ganz besonders möchten wir in diesem Zusammenhang eine Meldung erwähnen, die uns gestern quasi von "ganz oben erreichte“. Mit einer Mail aus Tirol vom Katholischen Pfarrer Georg, der selbst auch begeisterter Radsportfan und Fahrer ist, haben wir Gottes Segen erhalten und können nun noch optimistischer auf die kommenden Etappen gehen.
1000 Dank, Euer Wagi und Paddi
PS: Wir freuen uns sehr, dass Ihr alle so viel Spaß beim lesen des Blogs habt.
Wenn ihr mögt, schaut Euch doch mal Paddi s Buch über die Tour im letzten Jahr an - das wird
Euch definitiv auch gefallen. Wagi kommt dabei natürlich auch nicht zu kurz. "DNF - Dienstreise Nach Frankreich“ ist pünktlich zum Tourstart 2017 erschienen und es werden
5€ je verkauftem Buch an den deutschen Radsport-Nachwuchs gespendet.
Alle Infos unter: www.dienstreise-nach-frankreich.de
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